Davon soll man sich nicht täuschen lassen.
[Links nur für registrierte Nutzer]"Wie oft denn noch?" stöhnt der Islamrat-Vorsitzende Ali Kizilkaya und zeigt sich empört über die wiederholten Forderungen nach Distanzierung von muslimischen Gewalttätern. Nadeem Elyas, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), beteuert: "Es wurde keine Gelegenheit ausgelassen, Gewalt und Haß zu verurteilen." In der Tat, die Spitzen der muslimischen Verbände haben verbal Abscheu über die "unislamischen" Terrorakte bekundet; sie wollen dunkle Elemente den Sicherheitsbehörden melden. Doch ihr Einfluß auf die muslimische Gemeinschaft und deren extremistisches Potential scheint begrenzt. Der Publizist Peter Scholl-Latour bescheinigt den Funktionären, sie könnten sich zwar in Talkshows vorteilhaft darstellen, hätten aber kaum organischen Kontakt zur "Basis". Höchstens 20 Prozent der rund 3,5 Millionen Muslime in Deutschland (950 000 haben einen deutschen Paß) sind in irgendeiner Weise organisiert. Die islamische "Community" ist zerklüftet und vielgestaltig wie jede Weltreligion. Für alle ihre etwa 2500 Vereine und Gemeinden hierzulande gilt jedoch das Prinzip Mohammeds: "Der Islam herrscht und wird nicht beherrscht."
Darin manifestiert sich das Kämpferische dieser Religion. Plastisch ausgedrückt: Am islamischen Wesen soll die Welt genesen. Muslimisches Leben spielt sich in erster Linie in den Moscheegemeinden ab. Hier versammeln sich Menschen der gleichen ethnischen Herkunft, hier wird in der Muttersprache gepredigt. Die Verbindung zu den Dachverbänden ist unterschiedlicher Natur: direkt, indirekt, "und einige sind ganz frei" (Kizilkaya). Die 31 Mitgliedsorganisationen des türkisch dominierten Islamrats (Sitz Köln), darunter die vom Verfassungsschutz beobachtete Gruppierung Milli Görüs, aus der auch der Vorsitzende Kizilkaya kommt, repräsentieren 600 Moscheen. Elyas' Zentralrat (Eschweiler bei Aachen), dem überwiegend Zuwanderer aus der arabischen Welt angehören, kommt mit 19 Mitgliedern auf etwa 200 Moscheen. Als unbestritten größte muslimische Organisation ist die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib), eine von der Regierung in Ankara abhängige Institution, auf Expansionskurs: Sie kontrolliert etwa 870 Mitgliedsvereine. Daß ihr jedoch 72 Prozent aller hier lebenden Muslime angehören sollen, wird von Experten ins Reich der Märchen verwiesen.