Nach meinen damaligen Beobachtungen war alles eine Frage der Kontakte bzw des Gebens und Nehmens. Es war ja nicht so, dass die Partei-Fritzen und die "da oben" alles hatten und das gemeine Volk nichts. Das sind die nicht totzukriegenden Märchen. Es war eine Mangelwirtschaft, und wer Verbindungen hatte, wohin und zu wem auch immer, der hatte bei der Beschaffung irgendwelcher notwendigen Produkte die Nase vorn. Manche Stasi-Leute profitierten sicher davon genau so.
Naja, wer in der Waldsiedlung Wandlitz wohnte, der wurde sicher besser versorgt als der Rest der Bevölkerung. Wollte er aber mal was Besonderes, musste er wesentlich länger warten als der OTTO-Kunde, der einen Tag später seine Bestellung ins Haus geliefert bekommt. Wir hatten damals Geschäftsbeziehungen zu der Firma FCG und sollten oft Produkte und Waren liefern, die die DDR bspw von den Chinesen nicht erhielt, weil man dort mit den "verdammten Russenfreunden" nichts zu tun haben wollte. Bei unseren Besuchen in Weißensee bekam ich dann oft verschämt persönliche "Wünsche vermittelt", die dann beim nächsten Besuch nach Möglichkeit realisiert wurden: Schokolade, Damenstrumpfhosen.. das Übliche halt. Aber nie hatte man den Eindruck, dass die Sachen für "Erich und seine Vollsozialisten" bestimmt waren. Diese Leute hatten sicher andere Quellen. Und in den Intershops, Forum-Läden usw gab's schließlich auch fast alles gegen Devisen zu kaufen.
So ist es zum Teil wohl auch gewesen. Mein alter Herr hatte ein Talent für Geflügel, sprich Hühner und Gänse. Obwohl er mit Partei und Organisationen nichts am Hut hatte, ging es uns folglich auch nicht ganz schlecht. Nebenbei achteten die aber auch noch auf andere Dinge. Da mein alter Herr beim Arbeiten immer vorneweg war, konnte er sich nämlich auch einige Sachen erlauben (selbstverständlich mit Grenzen). Insbesondere mit meiner Unterstufenlehrerin, Stasitante und "Vorsitzende der Erziehungskommission" (Bock zu Gärtner!) hat er sich seeeehr böse und irgendwann auch unsachlich gefetzt- allerdings war die Baba Jaga schon lange vorher unsachlich geworden.
Das erklärt aber auch nicht alles. Aus der Nachwendezeit ist mir die Zahl von 140 000 IM in Erinnerung geblieben. Also auf 120 Menschen kam ein IM. Die konnten schon rein von der Kapazität nicht alles überwachen.
Jedes IM-StaSi-Schwein war bzw. ist Eines zu viel !
Es ist eine Zumutung für die Opfer, daß die in jedem Dorf bekannten IM´s alle so davon gekommen sind.
Meien Verwandtschaft muss dem StaSi-Schwein noch heute täglich übern Weg laufen ..............
Jeder kennt sie ; jeder weiß´es und keiner darf mit dem Finger auf sie zeigen!
Glaube nichts; egal wo Du es gelesen hast oder wer es gesagt hat; nicht einmal wenn ich es gesagt habe; es sei denn, es entspricht deiner eigenen Überzeugung oder deinem eigenen Menschenverstand. Der Fuchs ist Schlau und stellt sich dumm; bei den Gläubigen ist es genau andersrum!
Zumindest jeder freiwillige Stasispitzel war einer zu viel und hätte belangt werden sollen. Bei den Unfreiwilligen sehe ich das etwas anders. Stell dir vor, du sitzt im Gefängnis und kriegst fünf Jahre erlassen, wenn du mitmachst! Hättest du noch die fünf paar Jahre abgesessen? Oder hättest du, wie es der ein oder andere tat, einfach nur versucht, belanglose Berichte zu verfassen? In den Berichten sollen ja teilweise unglaublich unwichtige Dinge gestanden haben.
Kurzum kann man jetzt auch die alten Plakate in die Tonne treten, auf denen stand:
"Merkel hau ab, nimm Gauck mit zu Margot"
Es ist schon so wie du so schön mit der Vergangenheitsform "...Hätte belangt werden müssen..." schreibst. Dazu hätte aber die Wiedervereinigung nicht beinah über Nacht kommen dürfen und man hätte die Ex-DDR-Bürger in ähnlicher Form eines Volkstribunals richten lassen sollen bzw. hätte die Volkskammer in seiner neuen Zusammensetzung sogar ein entsprechendes Gesetz erlassen können . Aber egal das ist ein Versäumnis was bereits Geschichte ist.
Ich denke schon seit damals dass das Stasiunterlagengesetz und die dazugehörige Behörde schon damals einen ähnlichen Zweck verfolgte wie einige Geschichten heute auch, man kanalisiert den Unmut um von größeren Problemen abzulenken.
Was Jeder in sich hat: Selbsterkenntnis, Lebenserfahrung, Neugier auf das politische Geschehen nicht nur im eigenen Land und das Informieren aller Nachrichten, auch die, die als rechts gelten und dann muß sich der Mensch fragen, was für ihn glaubwürdig ist und wo der Mensch sehr zweifeln sollte. Dazu kommt das Diskutieren mit Menschen verschiedener Ansichten.
Und Zeit.
Und Interesse.
Und die Einsicht, daß man als Teil dieser Welt sich nicht gleichgültig zurück ziehen sollte.
Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)