Ich kann nur jedem empfehlen, die Sendung Heute-Show vom Freitag, 20. November in der Mediathek des Fernsehsenders anzuschauen und darin den letzten Beitrag, in dem Ralf Kabelka von der Heute-Show eine AfD-Demonstration in Berlin besucht und einige Teilnehmer interviewt. Anschließend sollte man dies mit dem vergleichen, was darüber in mehreren Zeitungen stand, zum Beispiel in der Welt, aber auch im Stern oder etwa in der Huffington Post. Die Kollegen haben offenbar eine andere Heute-Show gesehen als ich. Angeblich stand Kabelka kurz davor, verprügelt zu werden. Man urteile selbst. In den Links kann man auch andere Szenen verfolgen, die das ZDF schon vor Freitag ins Netz stellte, die sich – nach meiem Dafürhalten – davon allerdings wenig unterscheiden.
Was ist geschehen? 5000 AfD-Anhänger demonstrieren durch Berlin. Kabelka, im Clown-Kostüm verkleidet, begleitet den Aufzug, pflückt sich einzelne AfD-Demonstranten heraus, fragt sie, ob das hier ein Karneval-Umzug sei, man sei ja schließlich in der fünften Jahreszeit. Weiter provoziert er diesen und jenen unter dem Deckmäntelchen des Humors, mit zurechtgelegten Sprüchlein. Haha, war die Devise. Natürlich bekam er kaum schlagfertige Antworten, humorvolle auch nicht. Ernsthafte um so mehr, wütende, man wollte sich nicht auf seine Ebene einlassen. Es war schließlich auch niemand vorbereitet auf den Clown, woher auch? Grund für ihn – und die Kollegen –, den Demonstranten nicht nur mangelnden Humor vorzuwerfen, sondern auch die Unfähigkeit, zwischen Satire und politischer Anmache zu unterscheiden. Zwischen den Zeilen: Keine Intellektualität eben, Dumpfbackigkeit, war ja sowieso klar. „Lügenpresse“ schallen die Rufe im Hintergrund, was will man mehr.
Jemand pflückt Kabelka seine Clown-Perücke vom Kopf und will veschwinden, er hält diesen Mann am Hemdsärmel fest, zerrt daran, der wehrt sich, indem er Kabelka schubst. Nicht an einen Mast, wie es geschrieben steht, sondern an einem Mast vorbei. Sofort ist ein Ordner da, es eskaliert sowieso nicht weiter. Dann war da noch die Sache mit dem Mikrofon, das Kabelka – wie es bei der Heute Show üblich ist – reichlich distanzlos einem Demonstranten eher gegen als unter die Nase hält. Was der damit beantwortet, dass er das Mikro in Richtung Kabelkas Nase schickt. Und dann noch ein kleiner Rempler, der Kabelka von einem Vorübergehenden gespielt versehentlich verpasst wird, was der ZDF-Mann immerhin halb spaßig aufnimmt.
Fast verprügelt worden?
In dem Zusammenhang sind zwei Sätze schon bemerkenswert, die Kabelka laut und deutlich ins Mikrofon sagte, die aber in der Berichterstattung völlig untergingen (warum eigentlich?). Die Demonstration war – wie üblich – von mehreren Gegendemonstrationen begleitet worden. Darauf wies ihn ein AfDler hin, und rang dem Heute-Show-Mann auf Antrag doch tatsächlich diesen Satz, quasi als erbetenes Bekenntnis, ab: „
Da hinten sind welche, die sind gewalttätig und intolerant, weil sie euch ein paar auf die Fresse hauen wollen“. Ohne Unterbrechung und ungebeten fügte Kabelka nun aber hinzu: „Und ich finde, die Jungs haben Recht“. Nachzuhören etwa bei Minute 34:40 im Heute-Show-Beitrag.
Diese Sätze fanden übrigens tosenden Beifall beim Publikum der Heute-Show. Das ist nicht nur bemerkenswert, das ist beängstigend.
„Ein paar auf die Fresse“, jawoll. Selten so gelacht. Das ist Satire.
Auch darüber fielen den AfDlern keine schlagfertigen, lustigen Antworten ein und sie konnten darüber noch nicht mal lachen. Auch darüber nicht, dass Kabelka dann noch den Demonstranten mehrfach hintereinander laut und deutlich zurief:
„Ich bedanke mich für Ihre Rundfunkbeiträge, vielen Dank für Ihre Rundfunkbeiträge, danke schön“. Immer wieder. Ist das Satire oder Provokation? Wie unintellektuell die doch sind, dass sie darüber nicht lachen konnten.
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Die AfD ist noch weit weniger verboten als die NPD, und trotzdem gilt für große Teile der tonangebenden Schicht hierzulande: Keinen Fußbreit der AfD, auf jeden AfD-Demonstranten mindestens zwei Gegendemonstranten, AfD-Demos verhindern, Wahlkampf-Stände niederreißen. Draufhauen, oder gleich den AfD-Demonstranten „
ein paar auf die Fresse hauen“, wie man im öffentlich-rechtlichen ZDF fordern darf – finanziert mit den Gebühren auch der AfD-Mitglieder. Komisch eigentlich, dass die darüber nicht lachen können.
Die „Welt“ vermutet, der “durchschnittliche AfD-Demonstrant sei nicht in der Lage, Information und Satire auseinanderzuhalten”. Ob es daran liegt?
Was verspricht man sich eigentlich davon, bei diesen Menschen nichts als Wut, ja Hass zu erzeugen und zu schüren? Was soll das bringen, außer die Stimmung im Land gehörig eskalieren zu lassen? Sieht man nur noch die Freunde diesseits der Barrikaden, unter denen man sich profilieren kann in seinem Hass auf die Anderen? Wer ist hier eigentlich tolerant und wer intolerant?
Ich habe das dumpfe(sic!) Gefühl, dass wir alle gehörig aufpassen müssen. Gewalt droht von allen Seiten.
Übrigens können Medien auch Gewalt ausüben, es ist nicht nur im übertragenen Sinn zu verstehen, wenn sie als vierte Gewalt bezeichnet werden. Sie sollten sich dessen bewusst sein. Auch das gewaltmächtige ZDF und auch Satiresendungen und solche, die es einmal waren.