Ja, ach ja. Fast immer, wenn ich in Italien bin, führt mich mich mein Weg auch in die Bucht von Neapel. Vesuv, Pompeji, Aglianico, Babá, Pizza, Phlegräische Felder, Paestum, Salerno, Sorrent, die amalfitanische Küste, Capri, Ischia... und dann die freundlichen Menschen und das einzigartige Lebensgefühl dort.
Und Espresso. In Italien hat jedes Restaurant und jede Bar, wo man auf sich hält, eine Siebträger-Maschine stehen. Nur die halten das Versprechen, aus dem frischgemahlenen (!) braunen Kaffeepulver auch den optimalen caffé hervorzuzaubern. Und in der Gegend um Neapel wird dabei mit einer einer ganz besonderen Art der Espressomaschinen gearbeitet. Solche mit Handhebel. Was da herausläuft, ist schwarzes Gold pur und beim Herstellen des caffè italiano hat der barista zudem viel mehr Einflußmöglichkeiten, das Ergebnis zu bestimmen. Mahlgrad, Anpreßdruck beim Tampern, die Wassertemperatur, die Dauer der Präinfusion, der beim Hebeln ausgeübte Druck, die zum Durchlauf benötigte Zeit...
Nachdem ich diese Preziosen jahrelang mit Knopfaugen und stillem Sehnen angeblickt und umschlichen hatte, konnte ich nicht mehr widerstehen und habe mir eine Handhebelmaschine gekauft. Eine Pavoni Professional. Sehr eigen zu bedienen, sie ist eine richtige Diva, eigenwillig und sehr anspruchsvoll. Wenn ihr etwas nicht paßt, verweigert sie die Arbeit. Auch ambitionierte Espressofreunde bekommen nie zweimal dasselbe Ergebnis hintereinander heraus. Aber wenn's gelingt, ist der Genuß himmlisch. Der Unterschied z.B. zu meiner auch nicht schlechten Gaggia ist faszinierend. Die Pavoni holt ungeahnte Aromen aus dem Kaffeepulver. Mit ein bißchen Können bekommt man von ihr einen sehr amtlichen Espresso.
Der nostalgische Retro-Look (das gute Stück wird seit 1961 im unveränderten Design hergestellt) tut sein übriges. Beim Werkeln mit der Maschine kommt man sich vor wie Lukas, der Lokomotivführer. Eine Pavoni ist definitiv kein Automat, der auf Knofdruck problemlos das gewünschte produziert. Sie gleicht eher einem Oldtimer, an dem der Besitzer geduldig herumschraubt und dessen Chromteile er liebevoll poliert. Es gibt so gut wie keine Verschleißteile, die Pfauendame besitzt keine Pumpe, die kaputtgehen könnte. Alles ist mechanisch, die Maschine kann bei artgerechter Haltung und Zuwendung locker jahrzehntelang im täglichen Gebrauch stehen.
In Pavoni veritas.