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Thema: Wie die Kiewer Rus der EU beitrat

  1. #1
    Москаль Benutzerbild von Dima
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    Wie die Kiewer Rus der EU beitrat

    Wie die Kiewer Rus der EU beitrat

    Der ukrainische Präsident Pjotr Poroschenko hielt gestern eine Rede, in dem er den Tag der Taufe der Rus würdigte. Darin sagte er aber auch, dass die Kiewer Rus im Jahr 988, als sie das Christentum annahm, zu einem Teil des Westens und zu einem Mitglied der großen, vereinigten europäischen Familie wurde. Aus der EU bekam Poroschenko für diese Aussage traditionellerweise Applaus. Und auch in Kiew war man ganz sentimental. Die Historiker allerdings müssen sich das Lachen verkneifen.

    Ein Artikel von Georgi Sotow

    Es gibt ein altes Sprichwort, das besagt: "Schweig, dann könntest du als klug durchgehen". Natürlich ist es für jeden Menschen schwierig, der sich in dieser Welt mit dem großen Business beschäftigt, historische Bücher zu lesen. Dort gibt es viele Buchstaben, und meist keine Bilder. Können Sie sich vorstellen, dass der Multimilliardär Pjotr Poroschenko das Buch "Die Geschichte der Byzanz" liest? Ich auch nicht. Wir werden die Worte Poroschenkos natürlich nicht auf die Goldwaage legen. Seine Reden schreibt mit Sicherheit ein Redenschreiber. Allerdings muss man verstehen, dass wenn man Dummköpfe in seinen Reihen hat, man vor dem Hintergrund solcher auch nicht gerade als schlauer Mensch dasteht.

    Kommen wir zum geschichtlichen Hintergrund. Im Jahr 988 hat die Kiewer Rus den orthodoxen Glauben angenommen, die offizielle Religion des Byzantinischen Reiches, welches sich gerade nicht im Westen befand, sondern im Osten. Die Gemeinden orthodoxer Christen erstreckten sich über Syrien, Palästina, Ägypten, Bulgarien und natürlich über die Byzanz. In Rom galt die orthodoxe Kirche als "Ostkirche", die, wie der Begriff schon andeutet, einen falschen Glauben predigt. Die Byzanz und der Westen, Konstantinopel und Rom, waren sich spinnefeind. Aus dem Vatikan waren in Bezug auf die orthodoxen Christen Ausdrücke wie "Abtrünnige" und "Ketzer" zu vernehmen. Im Ergebnis haben sich der römische Papst und der Konstantinopler Patriarch am 16. Juni 1054, 66 Jahre nach der Taufe der Rus, gegenseitig mit dem Kirchenbann belegt. Dies war die endgültige Spaltung zwischen der Westkirche und der Ostkirche.

    Faktisch haben sich die beiden Kirchen bereits im 8. Jahrhundert gespalten, als Papst Leo III. den westlichen Imperator Karl der Große krönte. Konstantinopel, unter dessen Protektorat Rom damals formal stand, war gegen die Krönung. "Es darf nur einen Imperator geben, wie es auch nur eine Sonne im Himmel gibt". Doch der Papst ignorierte diese Meinung. Gespuckt hat Papst Leo III. auf die Byzanz. Auf diese Weise entfernte sich der Papst von dem "östlichen Imperium", indem er eigene Edikte und Gesetze erließ. Anschließend kam es zu erbitterten Machtkämpfen. Papst Johannes VIII. wurde aufgrund einer Hofverschwörung ermordet. Mit der Byzanz begann eine Rivalität hinsichtlich der "ungetauften Länder".

    Anfang der 980er Jahre erschienen in der Kiewer Rus päpstliche Gesandte (es handelte sich übrigens um gebürtige Deutsche), die Fürst Wladimir I. besuchten und für den Katholizismus Werbung machten und ihnen anboten, die Kiewer Rus in die mittelalterliche Familie der europäischen Völker aufzunehmen. Kurz zuvor, im Jahr 966, sind die Polen katholisch geworden. Im Jahr 974 folgte die Taufe der Magyaren (Ungarn). Nun wollte der Vatikan auch die Rus an sich binden. Doch Fürst Wladimir I. reagierte kühl auf die Gesandten des Papstes und sagte: "Von euch wollen wir nicht belehrt werden". Zuvor hatte Wladimir I. die arabischen Gesandten abgelehnt, die der Rus den Islam als Religion anboten. Doch als er vom islamischen Alkoholverbot hörte, sagte Wladimir I. "Die Rus ist des Trunkes Freund, ohne das können wir nicht sein". Die arabischen Gesandten reisten daraufhin ab. So ist die Rus weder islamisch noch katholisch geworden.

    Einige Jahre später unternahm Wladimir I. eine Reise in das Byzantinische Reich. Dort ließ er sich christlich-orthodox taufen. "Als wäre ich im Paradies gewesen. Dort ist es wunderschön", sagte Wladimir I. Überlieferungen zufolge. Der Fürst der Kiewer Rus nahm sich dann eine orthodoxe Griechin zur Frau, um "sein Blut mit dem Blut der byzantinischen Imperatoren zu verbinden". Anschließend lies Wladimir I. sein Fürstentum orthodox taufen und sicherte dem Byzantinischen Reich ein kriegerisches Bündnis und Schutz vor Feinden zu. Der Westen war über den Gang dieser Ereignisse höchst unglücklich.

    Das Fazit ist daher ein Folgendes: Die Taufe der Rus war aus der Sicht von Fürst Wladimir I. eine Absage an westliche Werte und an die westliche Religion. Er entschied sich für die östliche Byzanz, von der die Rus zahlreiche Traditionen und auch große Teile der Mentalität übernahm. Daher ist es höchst abenteuerlich, wenn nicht sogar absolut schwachsinnig, zu denken, dass die Rus, als sie den orthodoxen Glauben annahm, zu einem Teil des Westens wurde (man denke auch an die blutvergießenden Kriege gegen das katholische Polen). Diese Behauptung reiht sich in die Behauptung des ukrainischen Ministerpräsidenten Arseni Jazenjuk ein, der im deutschen Staatsfernsehen sagte, dass die UdSSR im Jahr 1941 Deutschland und die Ukraine überfallen hat. Ist es eine penetrante Unkenntnis der Geschichte oder einfach nur "Ich will so gerne die EU" ?

    Quelle: aif.ru (Argumenty i fakty)
    Die Russen hätten also vor 1000 Jahren durchaus auch Katholiken oder Moslems werden können. Doch dank der Taten von Wladimir I. sind die Russen orthodox geworden. Das ist weder eine rein westliche noch eine rein östliche Kultur. Das ist von beidem ein bisschen.

    Aber die Dummheit der ukrainischen Junta ist echt zum Weglaufen.
    In Erinnerung an meinen lieben Bruder Stanislaw (1983-2023), gefallen in der Lugansker Volksrepublik.

  2. #2
    sieht auf euch herab Benutzerbild von -jmw-
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    Standard AW: Wie die Kiewer Rus der EU beitrat

    Der vermeintliche Irrtum löst sich auf, wenn man den "Westen" nicht als (katholischen) Widerpart zum orthodoxen Byzanz sieht, sondern als christlichen solchen zum Heidentum. In diesem Sinne wäre auch Byzanz "westlich" und "europäisch".
    Aktueller Kalenderspruch: We have to choose between the freedom of a few professional politicians to talk and the freedom of the people to live.
    (Oswald Mosley, Fascism: 100 Questions)

  3. #3
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    Standard AW: Wie die Kiewer Rus der EU beitrat

    Manchmal frage ich mich, ob Poroschenko, Jazenjuk und die anderen Spinner sich ihre Reden von [Links nur für registrierte Nutzer] schreiben lassen.

  4. #4
    Москаль Benutzerbild von Dima
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    Standard AW: Wie die Kiewer Rus der EU beitrat

    Zitat Zitat von -jmw- Beitrag anzeigen
    Der vermeintliche Irrtum löst sich auf, wenn man den "Westen" nicht als (katholischen) Widerpart zum orthodoxen Byzanz sieht, sondern als christlichen solchen zum Heidentum. In diesem Sinne wäre auch Byzanz "westlich" und "europäisch".
    Der katholisch-orthodoxe Gegensatz besteht aber nunmal und ist unmittelbar auch der Grund für heutige Konflikte. Damals meinte der Westen, dass der Osten aus Abtrünnigen und Ketzern besteht und wollte ihm deshalb westliche Werte aufzwingen. Heute meint der Westen, dass der Osten korrupt und rückständig ist und eine falsche Lebensweise pflegt und will ihm deshalb, allerdings unter dem hübschen Deckmantel von Demokratie und Menschenrechten, westliche Werte aufzwingen. Die Geschichte ist immer gleich, sie wiederholt sich immer wieder.
    In Erinnerung an meinen lieben Bruder Stanislaw (1983-2023), gefallen in der Lugansker Volksrepublik.

  5. #5
    sieht auf euch herab Benutzerbild von -jmw-
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    Standard AW: Wie die Kiewer Rus der EU beitrat

    Das mag ja alles sein, dennoch löst sich so das vermeintliche Problem auf. Klar kann man Herrn Poroschenkos Worte so auslegen, dass sie wenig Sinn ergeben. Doch warum sollte man das tun?

    Zitat Zitat von Dima Beitrag anzeigen
    Der katholisch-orthodoxe Gegensatz besteht aber nunmal und ist unmittelbar auch der Grund für heutige Konflikte. Damals meinte der Westen, dass der Osten aus Abtrünnigen und Ketzern besteht und wollte ihm deshalb westliche Werte aufzwingen. Heute meint der Westen, dass der Osten korrupt und rückständig ist und eine falsche Lebensweise pflegt und will ihm deshalb, allerdings unter dem hübschen Deckmantel von Demokratie und Menschenrechten, westliche Werte aufzwingen. Die Geschichte ist immer gleich, sie wiederholt sich immer wieder.
    Aktueller Kalenderspruch: We have to choose between the freedom of a few professional politicians to talk and the freedom of the people to live.
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  6. #6
    Mitglied Benutzerbild von Feldmann
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    Standard AW: Wie die Kiewer Rus der EU beitrat

    Zitat Zitat von Dima Beitrag anzeigen
    Der katholisch-orthodoxe Gegensatz besteht aber nunmal und ist unmittelbar auch der Grund für heutige Konflikte.
    Eine gewagte These.


    Zitat Zitat von Dima Beitrag anzeigen
    Damals meinte der Westen, dass der Osten aus Abtrünnigen und Ketzern besteht und wollte ihm deshalb westliche Werte aufzwingen.
    Beim Gegensatz zwischen Katholiken und Orthodoxen geht es nicht um irgendwelche Werte, sondern in erster Linie um die Rolle des Papstes.


    Zitat Zitat von Dima Beitrag anzeigen
    Heute meint der Westen, dass der Osten korrupt und rückständig ist und eine falsche Lebensweise pflegt und will ihm deshalb, allerdings unter dem hübschen Deckmantel von Demokratie und Menschenrechten, westliche Werte aufzwingen.
    Das meinte "der Osten" auch mal oder ist Peter der Große für dich ein Verräter?

  7. #7
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    Standard AW: Wie die Kiewer Rus der EU beitrat

    Zitat Zitat von Feldmann Beitrag anzeigen
    Das meinte "der Osten" auch mal oder ist Peter der Große für dich ein Verräter?
    Peter, der Große hatte mitnichten im Sinn, den Russen westliche "Werte" überzustülpen. Ihm ging es in erster Linie darum, technischen Fortschritt nach Rußland zu bringen.

  8. #8
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    Standard AW: Wie die Kiewer Rus der EU beitrat

    Zitat Zitat von -jmw- Beitrag anzeigen
    Das mag ja alles sein, dennoch löst sich so das vermeintliche Problem auf. Klar kann man Herrn Poroschenkos Worte so auslegen, dass sie wenig Sinn ergeben. Doch warum sollte man das tun?
    Weil sie wenig Sinn enthalten. Außer dem, Washingtoner und Brüsseler Propaganda zu verbreiten.

  9. #9
    Selberdenker Benutzerbild von FranzKonz
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    Standard AW: Wie die Kiewer Rus der EU beitrat

    Zitat Zitat von Dima Beitrag anzeigen
    Die Russen hätten also vor 1000 Jahren durchaus auch Katholiken oder Moslems werden können. Doch dank der Taten von Wladimir I. sind die Russen orthodox geworden. Das ist weder eine rein westliche noch eine rein östliche Kultur. Das ist von beidem ein bisschen.

    Aber die Dummheit der ukrainischen Junta ist echt zum Weglaufen.
    Danke für den Artikel.

    Bei der Gelegenheit stellt sich mir die Frage, der wievielte Wladimir aktuell die Russen regiert.
    „Die Windflügel sind Sakralbauten für ein neues Glaubensbekenntnis.“ (Hans-Werner Sinn)

  10. #10
    GESPERRT
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    Standard AW: Wie die Kiewer Rus der EU beitrat

    Zu Zeiten der Kiewer Rus gabs noch garkeine EU.

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