Hitler hielt die Warnungen vor dem russischen Winter für romantische Übertreibung und war jedenfalls nicht gewillt, sich von der Vorstellung, daß der Winter für die Kriegsführung besondere Probleme mit sich bringen könnte, im geringsten beeinflussen zu lassen.
Todt, der ihm vorhielt,
daß die Truppe mit Winterkleidung und die motorisierten Einheiten mit dem Frostschutzmittel Glysantin versehen werden müßten, wurde von Hitler in der übelsten Weise angeschnauzt und beklagte sich hierüber bitter bei Hewel.
Todt fand bald darauf seinen Tod; seine Maschine stürzte kurz nach dem Aufstieg ab.
Aber auch die Einwände der Generale lehnte Hitler ab. Der Befehl, Armeen zum direkten Angriff auf Moskau neu zu konzentrieren, war von der Vorstellung geleitet, daß der Russe nicht mehr genügend Truppen zum Widerstand habe und
„wir im übrigen bis zum Einbruch des Winters Moskau bereits genommen haben werden".
„Glauben Sie mir", so versicherte er Ribbentrop nach einer lebhaften Szene, die er offenbar vorher mit Guderian gehabt hatte,
„Gott ist bisher immer mit mir gewesen, er wird auch mit mir sein, wenn ich dieses Nest Satans auf Erden ausräuchere!"
Der Angriff auf Moskau wurde so befohlen, obwohl die Truppen sich noch in ihrer Sommerkleidung befanden und obwohl kein Panzer und kein motorisiertes Fahrzeug, ja, auch kein Flugzeug gegen die Kältegrade des kommenden russischen Winters in irgendeiner Weise gesichert war. Wieder schien es zunächst planmäßig zu gehen. Aber dann brach plötzlich der russische Winter mit ungeheuren Regengüssen herein, der ganz Russland in einen klebrigen Schlammpfuhl verwandelte, in dem Panzer, Motorfahrzeuge, Infanterie, kurz, alles stecken blieb, so daß die Operationen anstatt zügig vorwärts zu gehen, bald auf der Stelle traten und sich der Truppe Verzweiflung über diese Unbill der Witterung bemächtigte.
Aber es sollte noch schlimmer kommen. Wochen früher als gewöhnlich setzte darauf der russische Winter mit für deutsche Begriffe ungeheuerlichen Kältegraden ein, die in wenigen Tagen stellenweise bis zu minus 30° C und mehr erreichten. Bei dem völligen Mangel an Holz, genügenden Nachschüben und Unterkünften bedeutete das für die Infanterie, daß sie praktisch dem Frosttod preisgegeben war. In wenigen Wochen waren die nur mit Sommerausrüstung versehenen Soldaten zum großen Teil erfroren oder verstümmelt, während die Panzerwaffe, der Stolz Hitlers, durch den Frost bewegungsunfähig wurde und entweder in dem zu Eis erstarrten Schlamm stecken blieb oder durch den Frost ihre Motoren verlor. Ebenso setzte der Frost die Luftwaffe außer Gefecht, während die Maschinengewehre unbrauchbar wurden. Wer überlebte, bekam zum Trost für seine Erfrierungen einen „Gefrierfleischorden“!