Zitat von
Feldmann
Das ändert nichts daran, dass diese Ansicht die herrschende Meinung in der "modernen" Architektur darstellt.
Jein. Der wie immer lesenswerte Peter Praschl hat jetzt in der "Welt" einen längst fälligen Verriß über Le Corbusiers totalitäre Bezwingungs-Architektur geschrieben:
Le Corbusier war der Faschist des rechten Winkels
Irgendwie hat es der Schweizer Architekt Le Corbusier geschafft, zur Lichtgestalt der Moderne zu werden. Die Pariser feiern ihn gerade wieder, stellvertretend für die ganze Welt. Vergessen wir ihn.
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Der in Frankreich heute noch heiliggesprochene Architekt war ein Hitler-Fan, der aber in der Tradition der französischen Rechten wenig mit der germanischen Blut-und-Boden-Romantik anfangen konnte:
"Die französische Variante lief eher auf eine Art industrialisierte Erziehungsdiktatur hinaus. Der Massenmensch der Moderne sollte einen festen Platz, genügend Frischluft, Sport bekommen – und keine Gelegenheit mehr für revolutionäre Aufsässigkeit, Schlendrian oder Trost durch Alkohol."
Kritiker Le Corbisiers merken an,
"wie erschreckend nahe dessen Bauten den hygienischen und eugenischen Idealen faschistischer Gesellschaftstheoretiker kamen. Der Zweck des Corbu-Urbanismus erschöpft sich nicht darin, günstig Wohnraum für Millionen zu bauen; sie sollen auch zu neuen Menschen werden, aber bloß nicht nach eigenen Belieben. Als er sich Ende der Vierzigerjahre daran machte, in Marseille die berühmte Cité radieuse zu errichten, klangen seine Sätze immer noch wie eine eugenische Utopie.
Es ginge darum, schrieb er in einem Artikel von 1948, "Heime zu schaffen, die die Zucht – und ich sage mit Bedacht: Zucht – der Spezies zu ermöglichen: Kinder und Erwachsene". Sein Ideal der Gesellschaft ist der korporative Staat gewesen, in seinen Idealstädten lebt jeder am ihm zugewiesenen Platz, die Elite im Zentrum, das Proletariat an der Peripherie, aber immerhin haben alle große Fenster."
Cité radieuse