Dirigent Teodor Currentzis
Wir Terroristen haben wenigstens Mumm
Marktschreier, die heute Kunst an den Mann oder an die Frau bringen müssen, heißen inzwischen „Rebellen“. Worte wie „Querdenker“, „Grenzgänger“ oder „Tabubrecher“ gehören zum Standardvokabular der Verkaufsgespräche. Und niemand verhält sich beim Anbiedern so regelkonform wie der „Außenseiter“.
Der aus Griechenland stammende, in Russland lebende, mittlerweile vierundvierzigjährige Dirigent Teodor Currentzis ist gegenwärtig einer der brillantesten Virtuosen darin, Marktgängigkeit zu Widerständigkeit umzumünzen. Alles an ihm ist Pose: sein Auftreten, sein Musizierstil, seine Interviews.
Auch das Foto, mit dem er sich im Beiheft seiner neuen CD-Einspielung von Wolfgang Amadeus Mozarts Oper „Don Giovanni“ präsentiert, ist nichts anderes als ein Mittel des Markenbrandings: In Lederjacke, Pulli, Jeans und Schal sitzt Currentzis auf dem Stuhl einer Künstlergarderobe, übernächtigt, schlapp, die Augen zu, die Hand vorm Gesicht, offenbar verkatert vom Genuss chemischer Stimulanzien. „Der lebt sein Leben wild und gefährlich“, will das Bild sagen, „und auch die Kunst, die er macht, ist so.“ Im Interview des Beihefts erklärt er, die Figur des Don Giovanni sei „ein Terrorist“. Und weiter: „Sicher ist, dass Don Giovanni ein Mann ist, der tut, wozu andern der Mumm fehlt.“ So reden Macker unter sich.
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