Zitat von
GSch
Aber nun nehmen wir deinen Gedanken doch mal ernst, was du selbst offenbar nicht tust, und nehmen an, Paulus habe den lang erwarteten Messias erfinden wollen, weil er einfach nicht kam. Den also, der mit eisernem Zepter über alle Nationen herrscht und vor allem die Römer aus dem Tempel haut (dem von Jerusalem). Genau das stellten sich doch die Juden damals vor - so eine Art David II.
Und dabei soll ein Sohn von einfachen Leuten aus recht bescheidenen Verhältnissen herauskommen, selbst ein einfacher Handwerker, der ein Zepter niemals auch nur gesehen hat? Der sogar bei einer Gelegenheit für einen Römer auch noch ein Wunder tut (Lukas 7,1-10), und gelegentlich auch für Angehörige anderer Völker (Matthäus 15,22, Lukas 17,16)? Der ohne Bedenken Umgang mit den von den Juden verachteten Samaritern pflegt (Lukas 9,52) und einen davon in einem seiner Gleichnisse sogar zur Verkörperung der selbstlosen Nächstenliebe macht (Lukas 10,33)? Und der niemals versucht, sich sein Recht mit dem starken Arm zu verschaffen, obwohl er die Mittel dafür hätte? Der sich Versuchen des Volkes, ihn zum König zu machen, durch die Flucht entzieht (Johannes 6,15) und auch vor Pilatus erklärt, er habe kein Königtum in dieser Welt? Und der am Ende den schändlichsten Tod stirbt, der für einen Juden überhaupt nur vorstellbar war, ohne erkennbar viel bewirkt zu haben? Also der absolute Antiheld?
Auf die Idee wäre nie ein Jude gekommen. Und ein Nichtjude auch nicht. Schau dir doch an, wie in den antiken Sagen die Halbgötter geschildert werden: brutal, gesetzlos, verschlagen, lüstern, gierig, machthungrig. Als Vorbild für Jesus geben sie auch nicht viel her.
So einen wie Jesus konnte man einfach nicht erfinden. Es muss ihn gegeben haben.
Allerdings muss man den biblischen Jesus streng von all dem trennen, was die Kirche dazuerfunden hat. Etwa den absurden Jungfräulichkeitskult um Maria, wonach sie ihr Leben lang Jungfrau geblieben sein soll (gemäß der Bibel bekam sie nach Jesus noch mindestens sechs andere Kinder von Joseph) oder die Dreieinigkeit. Das ist tatsächlich antike Mythologie, von der es in den Lehren der Kirchen erstaunlich viel gibt. Das Bild der Bibel ist deutlich schlichter, aber dafür weit näher am Leben.