Gamona / filmkritik / 18.03.2011 Martin Beck
Ich bin Nummer vier – Filmkritik
Aliens statt Vampire: Neues Sumpfgras im Twilight-Fahrwasser
Eine der ersten Fragen, die man sich bei „Ich bin Nummer Vier“ stellt, ist, was danach kommt. Der Film ist dermaßen offensichtlich auf ein Franchise angelegt, dass selbst der Titel eine Steilvorlage für „Ich bin Nummer Fünf, Sechs, pfff“ auflegt.
Wer solch ein Projekt angeht, hat ein gesundes Selbstbewusstsein und schraubt dabei nachhaltig an einer möglichst breiten Basis, die bloß nicht nach dem dritten Sequel die Alarmglocken schrillen lässt: Verdammt, jetzt sind alle verheiratet oder tot und draußen pochen die Fans an die verriegelten Kinotüren!
Ich bin Nummer Fünf
Immerhin unterhaltsame Teenie-/Romantik-/Action-/Fantasy-Mixtur, die unbedingt der nächste Twilight-Hype werden möchte. Die nötige Oberflächlichkeit dafür ist schon mal da.Fazit„Ich bin Nummer Vier“ basiert auf einem erfolgreichen Jugendbuch (von James Frey und Jobie Hughes), das die Geschichte eines verdammt gut aussehenden Außerirdischen erzählt, der in einer amerikanischen Kleinstadt untertaucht und dort nicht nur die Liebe, sondern auch mordende Feinde aus dem Weltall kennenlernt. Da dieser Außerirdische nicht nur einen echt schnieken Waschbrettbauch, sondern auch Superkräfte hat, steht einem effektreichen Showdown Marke Playstation eigentlich nichts mehr im Weg.
Na, klingelt’s im Großhirn? Ein brütendes Unterhosenmodel, Superkräfte, die zarte Liebe zum Mädel nebenan, blutdurstige Feinde und pampfiger Softrock = klar, „Twilight“, nur dass diesmal halt die langen Zähne durch das Weltall ersetzt werden.
Wie von Zauberhand geformt, ähnelt „Ich bin Nummer Vier“ so stark jener unfassbar erolgreichen Gelddruckmaschine, dass man meinen könnte, hier sei nicht der hehre Wunsch nach einem frischen, wagemutigen Jugendkult der Vater der Produktion gewesen. „Everything is a remix“, schon wieder. Aber immerhin nicht nur mit „Twilight“, sondern auch „Jumper“, „Kyle XY“, „Heroes“ und „Smallville“.
„Ich bin Nummer Vier“ ist ein durchkalkuliertes Derivat jugendlicher Erfolgsformeln, das zumindest keinen Hehl daraus macht, von purer Kommerzialität getragen zu werden. In entspannter Popcorn-Runde, inklusive auf Empfang geschaltetem Handy, kann man hier durchaus zwei unterhaltsame Stunden verbringen, die als kleinsten gemeinsamen Nenner unfreiwillige Lacher und schöne Körper bieten.
Die Ernsthaftigkeit z.B., mit der die Liebesgeschichte angegangen wird, passt wunderbar ins unbändig kichernde „Twilight“-Raster, und wenn mal wieder Um- oder Ausziehen angesagt ist, möchte man am liebsten auch in eine amerikanische Kleinstadt ziehen – der geheimen Hochburg jugendlicher Schönheit.
Ich bin Nummer Sechs
Es gilt bei diesem Film, die Erwartungshaltung auf zu heiß gebadetes Teenager-Niveau herabzusenken, dann klappt’s auch mit der tatsächlich passablen Trash-Inhalation. Die Geschichte ist natürlich bis zur letzten Sekunde vorhersehbar, die Figuren verkörpern platteste Stereotypen und die Action, die leider erst am Ende so richtig einschlägt (eine weitere Parallele zu „Twilight“), hat genügend Schaum vor dem Mund für drei Computerspiele: Laserwaffen! Dinosaurier-ähnliche Monster! Teleportation! Energiestrahlen! Explosionen! Und, logo, all das und noch einiges mehr passiert selbstredend ZUSAMMEN – in Gestalt überbordender CGI-Pixel!
Die Action bei „Ich bin Nummer Vier“ gibt so auf die Zehn, dass man meint, der talentfreie Regisseur (D.J. Caruso – der Name ist Programm...) wolle sich für die ewige Exposition davor entschuldigen. Wenn man einen Film von vorneherein als Startschuss für Fortsetzungen anlegt, muss man natürlich besonders brav agieren und seinen Inhalt so weit streuen, dass selbst Nebenstränge irgendwann ins große Scheinwerferlicht rücken könnten. Der gravierende Nachteil dabei ist dann aber, dass so der rechte Schwung ausbleibt und ein unrundes Puzzle entsteht, das erst in weiteren Filmen in eine klare Linie geklopft wird.
Und damit nochmal zu Mr. Caruso: Jener Mann ist vielleicht ein unglaublich netter Mensch, mit dem man prima ein Bier trinken kann, doch als Regisseur langt es nur zu einem vollkommen konturenlosen Auftragskurbler, der sich halt nicht in die Hose macht, wenn viel Geld auf dem Spiel steht. Ansonsten aber fehlt der tiefere Bezug zu den Schauspielern, viele Dialoge sind einfach haarsträubend doof und die Unsitte, mit Filtern, Editing-Tricks und viel zu nahe auffahrenden Kameras vom Inhalt abzulenken, kennen wir ja noch bestens von „Eagle Eye“.
D.J. Caruso ist ein Mann ohne Talent, doch damit passt er halt bestens in den hier anwesenden Sandkasten, dessen monetärer Zampano auch noch der größte Burgenbauer überhaupt ist: Michael „Vollgas“ Bay.
Fazit
„Twilight“ und die Folgen: „Ich bin Nummer Vier“ dürfte nicht die letzte Teenie-/Romantik-/Action-/Fantasy-Mixtur gewesen sein, die sich anschickt, in die riesigen Fußstapfen von Eeeeedward und Beeeeella zu treten. Wie kaum anders zu erwarten, werden hier vorwiegend schlichte Teenager-Gemüter angesprochen, die schon die ganze Emotions-/Krach-/Dramatik-Kiste wollen, aber halt bitteschön so oberflächlich und bunt schimmernd, dass das eigene Herzilein keine allzu großen Sprünge machen muss. Weitschweifende Epik, bei der hinterm frischgeföhnten Zahnpastalächeln ein rosaroter Kaugummi klebt.
„Ich bin Nummer Vier“ ist ein schöner Film, mit schönen, aber keinesfalls geforderten Schauspielern, schöner Kleinstadtidylle und schönem Radiorock. Die Erscheinung des Films ist pure Oberfläche, entstanden am Reißbrett, die aber immerhin ihre Unterhaltungsaufgabe erfüllt und damit eigentlich bereits mehr kann als diese unsäglich drögen „Twilight“-Schnarcher. Im Verhältnis geht’s halt immer nochmal etwas schlimmer, doch anders herum, auf Augenhöhe mit „richtigen“ Filmen, bleibt dieses risikofreie Plastikprodukt genauso flach wie die dazugehörigen Starschnitte. Edward? Ne ne, ab sofort schreien alle Nummer Viiiiier!
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