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[Links nur für registrierte Nutzer] - von Michael Albert
Wenn tief im Tal erloschen sind
am Weihnachtsbaum die Kerzen,
und noch im Traum so manchem Kind,
die Freude pocht im Herzen:
Dann tönt voll Ernst, dann tönt voll Macht
vom Berg die Glocke droben,
um in der stillen, heil`gen Nacht
den Herrn, den Herrn zu loben.
Es braust ihr Klang so feierlich
in Tönen, lang gezogen,
Die wälzen über Wälder sich
wie eines Meeres Wogen.
Es braust ihr Lied, so voll, so tief
auf hoher Friedensstätte,
wo schon so lang, so lange schlief
manch` Herz im Hügelbette:
Sie braust ihr Lied den Toten dort
in weiter, weiter Runde:
„Auch oben an dem stillen Ort
ist`s Weihnacht“, tönt die Kunde.
Ach Weihnacht, Weihnacht! – wer ein Kind,
ein liebes, dort begraben,
trug Tannenäste, treu gesinnt,
ihm als Erinn`rungsgaben.
Er legte sie bei Tage sacht
aufs Bett ihm als Geschenke,
zu zeigen, dass er sein gedacht,
und seiner fort gedenke.
Und wessen Vater droben ruht,
gedeckt von Schnee und Eise,
und wer die Gattin, lieb und gut,
vermisst in seinem Kreise:
Ihn ruft der Glocke Weiheklang
ins Reich der Stillen oben:
er füllt auch seiner Liebe Drang
in ihren Klang verwoben.
Michael Albert wurde am 21. Oktober 1836 in Trappold (Siebenbürgen, rum. Apoldu din Sighișoara) geboren. Er studierte in Schäßburg (Siebenbürgen, rum. Sighișoara) Evangelische Theologie und Deutsche Sprache und in Jena, Berlin und Wien Literatur. Albert arbeitete als Hauslehrer und später als Gymnasiallehrer. Insbesondere während seines letzten Lebensjahrzehnts verfasste er zahlreiche Gedichte - darunter "Die Bergglocke", das in vielen deutschsprachigen Gemeinden in Siebenbürgen traditionell an Heiligabend von einem Kind während der Kindermesse auswendig vorgetragen wurde. Davor wurden auf allen Gräbern Weihnachtskerzen angezündet. Das Gedicht ist deshalb auch unter dem Titel "Weihnachten auf dem Friedhof" bekannt, heißt aber offiziell "Die Bergglocke".
Michael Albert starb am 21. April 1893 in Schäßburg und wurde auf dem Bergfriedhof beerdigt
„Wo Freiheit wohnt, da ist mein Vaterland.“
―John Milton
Zu Neujahr
Will das Glück nach seinem Sinn
Dir was Gutes schenken,
Sage Dank und nimm es hin
Ohne viel Bedenken.
Jede Gabe sei begrüßt,
Doch vor allen Dingen:
Das, worum du dich bemühst,
Möge dir gelingen.
Wilhelm Busch
„Wo Freiheit wohnt, da ist mein Vaterland.“
―John Milton
Das Riesenspielzeug
Burg Nideck ist im Elsaß der Sage wohlbekannt,
die Höhe, wo vorzeiten die Burg der Riesen stand;
sie selbst ist nun verfallen, die Stätte wüst und leer,
du fragest nach den Riesen, du findest sie nicht mehr.
Einst kam das Riesenfräulein aus jener Burg hervor,
erging sich sonder Wartung und spielend vor dem Tor
und stieg hinab den Abhang bis in das Tal hinein,
neugierig zu erkunden, wie's unten möchte sein.
Mit wen'gen raschen Schritten durchkreuzte sie den Wald,
erreichte gegen Haslach das Land der Menschen bald,
und Städte dort und Dörfer und das bestellte Feld
erschienen ihren Augen gar eine fremde Welt.
Wie jetzt zu ihren Füßen sie spähend niederschaut,
bemerkt sie einen Bauer, der seinen Acker baut;
es kriecht das kleine Wesen einher so sonderbar,
es glitzert in der Sonne der Pflug so blank und klar
"Ei! artig Spielding!" ruft sie, "das nehm' ich mit nach Haus!"
Sie knieet nieder, spreitet behend ihr Tüchlein aus
und feget mit den Händen, was sich da alles regt,
zu Haufen in das Tüchlein, das sie zusammenschlägt,
und eilt mit freud'gen Sprüngen, man weiß, wie Kinder sind,
zur Burg hinan und suchet den Vater auf geschwind:
Ei Vater, lieber Vater, ein Spielding wunderschön!
So Allerliebstes sah ich noch nie auf unsern Höh'n."
Der Alte saß am Tische und trank den kühlen Wein,
er schaut sie an behaglich, er fragt das Töchterlein:
Was Zappeliges bringst du in deinem Tuch herbei?
Du hüpfest ja vor Freuden; laß sehen, was es sei."
Sie spreitet aus das Tüchlein und fängt behutsam an,
den Bauer aufzustellen, den Pflug und das Gespann;
wie alles auf dem Tische sie zierlich aufgebaut,
so klatscht sie in die Hände und springt und jubelt laut.
Der Alte wird gar ernsthaft und wiegt sein Haupt und spricht:
Was hast du angerichtet? Das ist kein Spielzeug nicht!
Wo du es hergenommen, da trag es wieder hin,
der Bauer ist kein Spielzeug, was kommt dir in den Sinn?
Sollst gleich und ohne Murren erfüllen mein Gebot;
denn wäre nicht der Bauer, so hättest du kein Brot;
es sprießt der Stamm der Riesen aus Bauernmark hervor,
der Bauer ist kein Spielzeug, da sei uns Gott davor
Burg Nideck ist im Elsaß der Sage wohl bekannt,
die Höhe, wo vor Zeiten die Burg der Riesen stand;
sie selbst ist nun verfallen, die Stätte wüst und leer,
und fragst Du nach den Riesen, du findest sie nicht mehr.
Adelbert von Chamisso
„Wo Freiheit wohnt, da ist mein Vaterland.“
―John Milton
DAS BETTELWEIB
Alle Sterne wurden blind
Bettelweib bekam ein Kind.
Hinterm Zaune in der Nacht
hat sie es zur Welt gebracht.
Hinterm Zaun die Spinnen klein
webten Tücher, zart und klein
für das Kind zum Trockenlegen.
" Will sie waschen", sprach der Regen,
" Will sie. trocknen" , sprach der Wind.
Doch das Bettelweib geschwind
hat das Kind ans Herz gerissen,
Wollt nichts von den Helfern wissen, küsste still das Kindlein tot
Dass es kam aus aller Not.
(Wilhelm Schulz)
Botenart
Der Graf kehrt heim vom Festturnei,
Da wallt an ihm sein Knecht vorbei.
Hallo, woher des Wegs, sag’ an!
Wohin, mein Knecht, geht deine Bahn?
»Ich wandle, daß der Leib gedeih’,
Ein Wohnhaus such’ ich mir nebenbei.«
Ein Wohnhaus? Nun, sprich grad’ heraus,
Was ist geschehn bei uns zu Haus?
»Nichts Sonderlich’s! Nur todeswund
Liegt euer kleiner weißer Hund.«
Mein treues Hündchen todeswund!
Sprich, wie begab sich’s mit dem Hund?
»Im Schreck eu’r Leibroß auf ihn sprang,
Drauf lief’s in den Strom, der es verschlang.«
Mein schönes Roß, des Stalles Zier!
Wovon erschrak das arme Thier?
»Besinn ich recht mich, erschrak’s davon,
Als von dem Fenster stürzt’ eu’r Sohn.«
Mein Sohn? Doch blieb er unverletzt?
Wohl pflegt mein süßes Weib ihn jetzt?
»Die Gräfin rührte stracks der Schlag,
Als vor ihr des Herrleins Leichnam lag.«
Warum bei solchem Jammer und Graus,
Du Schlingel, hütest du nicht das Haus?
»Das Haus? Ei, welches meint ihr wohl?
Das eure liegt in Asch’ und Kohl’!
Die Leichenfrau schlief ein an der Bahr’,
Und Feuer fing ihr Kleid und Haar.
Und Schloß und Stall verlodert’ im Wind,
Dazu das ganze Hausgesind!
Nur mich hat das Schicksal aufgespart,
Euch’s vorzubringen auf gute Art.«
(Grün)
Vor Gericht
Von wem ich es habe, das sag ich euch nicht,
Das Kind! in meinem Leib.
»Pfui!« speit ihr aus: »die Hure da!«
Bin doch ein ehrlich Weib.
Mit wem ich mich traute, das sag ich euch nicht.
Mein Schatz ist lieb und gut,
Trägt er eine goldene Kett am Hals,
Trägt er einen strohernen Hut.
Soll Spott und Hohn getragen sein,
Trag ich allein den Hohn.
Ich kenn ihn wohl, er kennt mich wohl,
Und Gott weiß auch davon.
Herr Pfarrer und Herr Amtmann ihr,
Ich bitte, laßt mich in Ruh!
Es ist mein Kind, es bleibt mein Kind,
Ihr gebt mir ja nichts dazu.
(Goethe)
DER SOLDAT
Es geht bei gedämpfter Trommel Klang;
Wie weit noch die Stätte! der Weg wie lang!
O wär er zur Ruh und alles vorbei!
Ich glaub’, es bricht mir das Herz entzwei!
Ich hab’ in der Welt nur ihn geliebt,
Nur ihn, dem jetzt man den Tod doch gibt!
Bei klingendem Spiele wird paradiert;
Dazu bin auch ich kommandiert.
Nun schaut er auf zum letzten Mal
In Gottes Sonne freudigen Strahl;
Nun binden sie ihm die Augen zu —
Dir schenke Gott die ewige Ruh!
Es haben die Neun wohl angelegt;
Acht Kugeln haben vorbeigefegt.
Sie zittern alle vor Jammer und Schmerz —
Ich aber, ich traf ihn mitten in das Herz.
(Chamisso)
Lorelei
Es ist schon spät, es wird schon kalt,
Was reit'st du einsam durch den Wald?
Der Wald ist lang, du bist allein,
Du schöne Braut, ich führ' dich heim!
»Groß ist der Männer Trug und List,
Vor Schmerz mein Herz gebrochen ist,
Wohl irrt das Waldhorn her und hin,
O flieh' Du weißt nicht, wer ich bin.«
So reich geschmückt ist Roß und Weib,
So wunderschön der junge Leib,
Jetzt kenn' ich dich – Gott steh mir bei!
Du bist die Hexe Lorelei!
»Du kennst mich wohl – von hohem Stein
Schaut still mein Schloß tief in den Rhein.
Es ist schon spät, es wird schon kalt,
Kommst nimmermehr aus diesem Wald!«
(Eichendorff)
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