Neue Studie, selbe Botschaft: Integration funktioniert super, Armutseinwanderung ist eine Erfindung von Rechtspopulisten, Deutschland profitiert von der Migration mindestens so gut wie vom Euro.
Achtung, Achtung! Heute ist wieder Studientag! Anbieter: [Links nur für registrierte Nutzer]; Gegenstand: Integration. Die Botschaft in politisch korrektem und medienaffinem Headline-Deutsch: „Migranten werden den Deutschen immer ähnlicher“ (Spiegel). Oder: „Zuwanderer passen sich immer mehr den Deutschen an“ (Welt). Da will man schmunzelnd fragen: Was fällt nur den Migranten ein, immer mehr zu „verdeutschen“? Schlechte Nachrichten für Multikulti, oder?
Aber Vorsicht. Mit diesen Studien ist das so eine Sache. Erstens, weil nicht selten schon die Studien selbst auf fragwürdigen Daten basieren und mit unseriösen Methoden arbeiten. Und zweitens, weil die Darstellung in den Medien nach dem immer selben Muster erfolgt: Es wird herausgepickt, was dem gegenwärtigen Zeitgeist dienlich ist. Es flattern Botschaften durchs Land, die in der Regel lauten: Integration funktioniert super, Armutseinwanderung ist eine Erfindung von Rechtspopulisten, Deutschland profitiert von der Migration mindestens so sehr wie vom Euro. Mittlerweile gesellt sich gerne noch dazu: Migranten sind klüger und besser gebildet als Einheimische. Sie kennen die Leier.
Auch im aktuellen Fall empfiehlt sich zu erst ein Blick in die Studie selbst, es offenbaren sich einmal mehr beide Methoden der Verfälschung und Meinungsmache. Erstens beruht die Studie auf den Daten des Zensus 2010, also dem Stand von vor vier Jahren. Auf Basis dieser veralteten Daten liefert die Studie ganz hervorragende „Integrationswerte“ bei Rumänen und Bulgaren. In politisch-korrektes Mediendeutsch transferiert klingt das wie folgt, nachzulesen im Teaser des Artikels auf Welt-Online: „Besonders gut schneiden Rumänen und Bulgaren ab. ‚Armutszuwanderung als Massenphänomen‘ gibt es nach der Studie nicht.“ Der Denkfehler (oder die Methode?) ist altbekannt: Bewertet wird der Integrationserfolg von Rumänen und Bulgaren aus jener Zeit (2010), als für Zuwanderung aus diesen Ländern noch klare Regeln galten.
Der Wegfall dieser klaren Regeln, gemeinhin auch „Freizügigkeit“ genannt, führte jüngst zu jener tatsächlichen „Armutszuwanderung als Massenphänomen“, die sich in deutschen Metropolen höchst eindrucksvoll beobachten lässt, im Zensus 2010 aber noch gar nicht dokumentiert gewesen sein kann. Einmal mehr ein gutes Beispiel dafür, wie Studien- und Meinungsmacher das Volk für dumm verkaufen wollen.
Erfrischend ehrlich ist die Studie hingegen bei der Auswertung der Integrationserfolge von Einwanderern aus der Türkei. So ehrlich, dass hier „Zweitens“ gilt, sprich: Die Kern-Aussage der Studie findet sich weder auf Spiegel-Online, noch auf Welt-Online, in der nötigen Deutlichkeit. Sie lautet, komprimiert in die Kapitelüberschrift auf Seite 30 der Studie: „Türkei: Geringe Qualifikation, wenig Teilhabe.“ Was sich problemlos auf Einwanderer aus dem gesamten Nahen Osten erweitern ließe. Wie gesagt: so steht es in der Studie, nicht aber in den Medienberichten dazu.
Geradezu töricht ist einmal mehr die Aussage, Zuwanderer würden Deutsche in Bildungs- und Berufserfolgen mitunter sogar abhängen. Begründet wird diese Aussage unter anderem mit der überdurchschnittlichen Qualifikation von Einwanderern aus West- und Nordeuropa. Dass aus diesen Ländern überwiegend Hochqualifizierte nach Deutschland kommen, während es keinerlei Wirtschaftsflüchtlinge aus Holland, Dänemark oder Schweden gibt, liegt zwar auf der Hand, passt aber offenbar nicht ins Medien-Konzept. Hinzu kommt, dass in den Medien selektiv jene Zuwanderergruppen in den Vordergrund gestellt werden, deren Integrations-Ergebnisse zwar positiv, deren Anteil an der Gesamtbevölkerung aber eher gering ist. Ungesagt bleibt hingegen, dass diejenigen Gruppen, die den größten Teil der Migranten stellen, nach wie vor deutliche Integrationsdefizite aufweisen.
Noch törichter ist nur noch die allseits beliebte (und auch in diesem Zusammenhang gerne wiederholte) Aussage, die jüngste Welle der Zuwanderung von Fachkräften aus südeuropäischen Krisenländern sei allen Ernstes als Erfolg und als positive Entwicklung zu werten. Tatsächlich ist diese Zuwanderung einzig Folge der desaströsen wirtschaftlichen Lage in Südeuropa, ausgelöst durch Währungsunion und Euro-Krise. Dass die betroffenen Länder nun auch noch erhebliche Teile ihres hochqualifizierten Nachwuchses verlieren, kann nur jene vermeintlichen „Mustereuropäer“ erfreuen, denen am Wohl dieser Länder offenbar weit weniger gelegen ist, als an der möglichst schnellen Umsetzung eines europäischen Superstaates auf Kosten des europäischen Gemeinwohls.
Unterm Strich gilt also auch bei dieser Studie, dass ihre Ergebnisse, zumindest so weit nachvollziehbar und aussagekräftig, eher das genaue Gegenteil von dem bedeuten, was nun in Überschriften und Teasern durch die Medienwelt wabert. Aber das kennt man ja schon. Was nicht passt, wird passend gemacht. Und wieder grüßt das Studientier.
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