Wuppertal, 6. Mai 2013 - „Was dem einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele.“ Die alte Idee vom kooperativen Wirtschaften des Sozialreformers Friedrich Wilhelm Raiffeisen, dem Gründervater der Genossenschaftsbewegung, erlebt im Zuge der Energiewende eine neue Blüte: Immer mehr Menschen beteiligen sich an Bürgerenergiegenossenschaften. Sie versprechen sich von ihren Anteilen in Zeiten eines sich schnell wandelnden Energiemarktes nicht nur finanzielle Vorteile. Ihnen geht es um Gemeinsinn, gesellschaftliche Teilhabe und vor allem darum, den Umbau der Energieversorgung im Zuge der Debatte um Atomausstieg, Klimaschutz und Dezentralität aktiv mit zu gestalten.

Mehr als 500 Energiegenossenschaften sind in den letzten drei Jahren bundesweit entstanden, bilanziert der Deutsche Genossenschafts- und Raiffeisenverband. Die meisten davon investieren vor allem in die Erzeugung von regenerativem Strom aus Wind, Wasser oder Sonnenkraft. Einige wollen jedoch einen Schritt weiter gehen und die örtlichen Stromverteilnetze nach der Privatisierungswelle in den neunziger Jahren in Bürgerhand bringen. Ihr Ziel ist es, die Netzübernahme anzustoßen und mit zu finanzieren oder über eine Beteiligung an kommunalen Stadtwerken Einfluss auf das operative Geschäft zu nehmen. Auf dem Spielfeld von Marktmacht und Rendite geht es den Genossen nicht um Gewinnmaximierung, sondern um Gemeinwohlorientierung und Mitsprache. „Stromkunden werden von Abnehmern und Zuschauern zu Miteigentümern, Mitgestaltern und Mitverdienern“, fasst Wilfried Steinbock, Vorstandsmitglied der Bürgerenergiegenossenschaft Wolfhagen, die Ziele der Bewegung zusammen.

Auslaufende Konzessionen als Impulsgeber

Die Vorhaben, die Energieversorgung vielerorts lokal zu organisieren, um sich von großen Energiekonzernen und fossilen Brennstoffen unabhängig zu machen, werden zudem durch das zeitnahe Auslaufen bestehender Konzessionsverträge begünstigt. Nach Angaben des Verbandes kommunaler Unternehmen wird bundesweit die Mehrzahl der Konzessionsverträge bis zum Jahr 2016 fällig. Allein in Nordrhein-Westfalen müssen in den nächsten drei bis vier Jahren mehr als 200 Strom- und Gas-Konzessionen von den Kommunen neu vergeben werden. Damit bietet sich den Kommunen die Gelegenheit, eine zentrale Schaltstelle im Versorgungssystem vor Ort selbst in die Hand zu nehmen. „Auslaufende Konzessionsverträge sind ein wichtiges Instrument, um im Sinne des Verbrauchers mehr Wettbewerb im Energiemarkt zu erreichen“, erklärt Hans-Joachim Reck, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen. Dabei reichen die Handlungsoptionen der Städte und Gemeinden, die unter dem Stichwort Rekommunalisierung zusammengefasst werden, von einem Kauf des Netzes von ehemals öffentlichen Unternehmen, um es anschließend an einen Dritten zu verpachten, über die Gründung einer Netzbetriebsgesellschaft in Kooperation mit anderen Kommunen oder strategischen Partnern in der Region wie etwa benachbarte Stadtwerke bis hin zur Neugründung von Gemeinde-, Stadt- oder Regionalwerken.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Kommunen, die ihre örtliche Energieversorgung verbrauchernah und dezentral ausrichten möchten, haben mit einer Netzübernahme die Möglichkeit, diesen Prozess erheblich besser zur steuern. Zum einen würden Gewinne nicht mehr an private Unternehmen fließen, sondern in die eigenen Kassen und damit der Region zugute kommen. Zum anderen könnten die Kommunen auf diese Weise energiepolitische und ökologische Ziele selbst bestimmen und umsetzen. „Genossenschaften sind da ideale Partner, denn ihr Geschäftsmodell beruht auf Beteiligung und Engagement der Bürger“, erklärt Burghard Flieger. Für den Vorstand der Innova-Genossenschaft, einer Entwicklungspartnerschaft, die bundesweit bei der Gründung von Selbsthilfegenossenschaften berät, sind die Potenziale der Unternehmensform eindeutig: Akzeptanz durch Partizipation und Identifikation.

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Die Versorgung mit Strom in Bürgerhand. Richtig so! Das ganze müsste mit der Wasserversorgung auch so geschehen. Die Versorgung gehört in Bürgerhände und nicht die Geizgriffel irgendwelcher Privatwirtschaftler oder Politbonzen.

Mit so einem Modell könnte man auch Arbeitsplätze "in Bürgerhand" schaffen, vielleicht auch ein eigenes Soziales Sicherungssystem, was unabhängig vom Staat ist.