Von der Politik geächtet- Von der Gesellschaft ausgegrenzt, zum Idioten gemacht
31. Januar 2014
Vor einiger Zeit traf ich einen guten alten Bekannten wieder, und war doch etwas irritiert, geschockt dürfte es besser beschreiben. Der Mann der da mir gegenüberstand war nicht mehr der aus früheren Tagen, das konnte man nicht übersehen. Ich erinnere mich an einen gutgebildeten Mann, der fest im Leben stand, sozial abgesichert und immer voller Ideen. Und nun das, leerer Blick und sein äußeres Erscheinungsbild ließ erkennen, dass er schon mal bessere Zeiten erlebt hat.
Eigentlich beurteile ich nicht einen Menschen nach sein aussehen. Bei einer Tasse Kaffee erzählte er mir was schief gegangen war. Einzelheiten spielen hier keine Rolle, zusammenfassend kann man es so beschreiben, aus der gutbetuchten Mittelschicht, im freien Fall nach ganz unten. Seine Wohnung ist nun die Wärmestube am Tag und das Obdachlosenheim in der Nacht, die Speisekarte wird vom Angebot der Armentafeln bestimmt.
Aber das ist nicht das schlimmste, so sagt er, das könne sich wieder zum Besseren wenden, wenn man ihm eine Chance geben würde. Jeder Versuch, aus diesen Teufelskreis zu entkommen scheiterte bisher, nein nicht an ihm, sondern an der fehlenden Unterstützung. Egal wo er um Hilfe gebeten hat, wurde er im Stich gelassen und zum Idioten gemacht.
Zu Beginn des Abstieges hat er alles gemacht was man von ihm verlangte und meinte damit das Jobcenter. Was er jedoch bei den Terminen beim Jobcenter erlebte, war alles andere als wieder in einen festen Job vermittelt zu werden. Außer sinnentleerte und sinnfreie Maßnahme kam da gar nichts. In einer Maßnahme sollte er lernen, acht Stunden am Tag, wie man sich richtig bewirbt. Auch der Inhalt einer Maßnahme war, wie man sich bei einem Arbeitgeber vorzustellen hat, saubere Kleidung und es sei auch wichtig einen gepflegten Eindruck zu hinterlassen. Oft, so mein Bekannter, kam er sich eben wie ein Idiot vor, als wisse er nicht wie man aufzutreten hat, vielmehr hatte er den Eindruck nichts wert zu sein.
Vor allem aber ärgert er sich heute noch, mit welcher Respektlosigkeit man den Teilnehmern von Maßnahmen begegnet sei. Von Beginn an, wurden wir mit Du angesprochen, vom Leiter der Maßnahme, welcher sein Sohn hätte sein können.
Irgendwann hält man das nicht mehr aus, aber es scheint ihnen egal zu sein. Man fühle sich in ein Zimmer eingesperrt und einer hat den Schlüssel weggeworfen. Die Konflikte häuften sich, die Sanktionen auch, mit allen sich daraus ergebenen Folgen. Keine Arbeit, kein Geld, keine Wohnung , keine Hoffnung.
Worauf er aber stolz sei, ist die Tatsache, seine Situation nicht in Alkohol zu ertränken.
Solche Schicksale gibt es viele, genauere Zahlen sind nicht bekannt. Warum das so ist? Weil es keinen mehr interessiert, man hat sich daran gewöhnt und eigentlich will man damit in Ruhe gelassen werden. Ist der soziale Abstieg erst einmal vollzogen, so scheint die Gesellschaft zu glauben,
dass für die Betroffenen einfachsten Umgangsregeln nicht mehr gelten. Hat aber von Armut Betroffene nicht die gleiche Achtung verdient, wie ihre Mitmenschen? Wie man heute mit Menschen umgeht, welche Hilfebedürftig sind, ist einfach nicht vorstellbar, aber leider geschieht es täglich und seit Jahren.
Und es kann nicht schaden einige Beispiele in Erinnerung zu rufen.
Einer Mutter mit sechs Kindern wurde von einen Leiter einer Maßnahme geraten: „sie möge doch am Essen sparen und sich einen PC kaufen, damit sie zu Hause üben kann.“
Da müssen erwachsene Menschen an einer Maßnahme teilnehmen mit der Aufgabe, „sammeln von Blätter, diese dann aufkleben und darunter den Namen des Blattes setzen.“
Auch gerne ist man bemüht den Menschen die „Typenbestimmung“ beizubringen, „wie man sich schminkt und was man, seinem Typ entsprechend, zu einem Bewerbungsgespräch anziehen soll.“ Als hätten die Menschen so viel Geld übrig, um sich für irgendjemanden schön zu machen, unglaublich oder? Auch der „Spiegel“ beschreibt in einem Artikel unter der Überschrift „ Die Hartz-Fabrik“ sinnlose Maßnahmen der Jobcenter.
Da wird berichtet über eine “Wäscherei“ in welcher die Betroffenen Wäsche waschen, sie trocknen und danach bügeln – so weit so gut- doch am nächsten Tag wird die Wäsche wieder eingedreckt und das Spiel beginnt von Neuem. Man muss es herausschreien, ungeheuerlich Entwürdigend!
Das schlimmste für mich ist aber, dass diese Beispiel und tausende andere nicht mehr wahrgenommen und von vielen Menschen akzeptiert und für richtig empfunden werden,
jedenfalls so lange, bis man nicht selbst davon betroffen ist. Fakt ist, dass diese seit Jahren durchgeführte Praxis, im Umgang mit Bedürftigen ein Geschäft ist. Zum einen für die selbsternannten „Bildungsträger“ welche sich durch sinnlose Maßnahmen die Taschen füllen können,
ohne dass man sie kontrolliert. Und auch für Arbeitsagenturen und Jobcenter ist es ein super Geschäft, denn Abbruch einer erzwungenen Maßnahme bedeutet Sanktionen, bis zum Verlust der Existenz, ohne Gnade.
Man muss nicht über einen hohen Bildungsstand verfügen, den Sinn zu erkennen, worum es bei den zwischen lagern von Arbeitslosen in Maßnahmen geht. Der Sinn solcher Maßnahme besteht darin, die Arbeitslosenzahlen zu beschönigen und die Menschen dazu zu bringen die Maßnahme abzubrechen oder sich irgendeinen Job zu suchen um dieser Sinnlosigkeit der Maßnahme zu entfliehen. Nur darum geht es und um nichts anderes.
Nach Angaben von „Stern TV“ hat die Bundesagentur für Arbeit in den letzten 10 Jahren rund „39 Milliarden Euro in solche Qualifizierungsmaßnahmen“ gesteckt. Fakt ist auch, die Maßnahmen, in welche die Hartz-IV-Empfänger geschickt werden, sind mehr entwürdigend als sinnvoll, sie sind ganz ohne Zweifel, menschenverachtend.
Wie sehen das die verantwortlichen der BA für Arbeit eigentlich.
Quelle: Frontal 21 BA – Vorstand Heinrich Alt: „”Ich gehe mal davon aus, dass das Gros derer, die in Trainingsmaßnahme sind, hinterher zumindest ihre Chancen wesentlich verbessert haben, näher an einen Arbeitsplatz heranzukommen.” Frontal21: “Wie viele sind das?” Alt: “Das kann ich Ihnen exakt nicht sagen.” Frontal21: “Da gibt es auch keine Untersuchungen?” Alt: “Da gibt es auch keine Untersuchungen dazu, zumindest bisher nicht.”
Prof. Erich Staudt, Arbeitsökonom Ruhr-Uni Bochum wird da deutlicher:
„Die Leute vom Arbeitsmarkt zu entfernen, ist ein Lieblingskind aller politischen Parteien. Die Maßnahmen dienen vorwiegend dazu, die Statistiken zu schönen und ein paar Arbeitslose weniger zu produzieren. Also Trainingsmaßnahmen, sobald sie sich auf Wissensaufnahme reduzieren, sind überwiegend wertlos. Berufliche Handlungsfähigkeit besteht zum überwiegenden Teil aus konkreter praktischer Erfahrung. Und Wissensvermittlung ist so etwas wie Schwimmen lernen auf der Schulbank. Und Schwimmen lernt man im Wasser. Und das heißt, ich muss praktische Erfahrung für die Leute zugänglich machen und die nicht genau von der Praxis wegsperren und auf die Schulbank setzen. Die Arbeitsämter stört das nicht weiter.“
Mehr gibt es nicht hinzuzufügen!!!!!!
Quelle:
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