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Thema: Die Gen-Kultur-Koevolution

  1. #11
    bernhard44
    Gast

    Standard AW: Die Gen-Kultur-Koevolution

    nun, das "Enūma eliš", der babylonische Schöpfungsmythos erzählt (Tafel 6) eine andere Geschichte! Eine die uns auch aus der Bibel in ähnlicher Form bekannt sein dürfte.

    [Links nur für registrierte Nutzer]und sie hält Adamu in den Händen,
    den sie gerade erschaffen haben

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  2. #12
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    Standard AW: Die Gen-Kultur-Koevolution

    Teil 4 und Schluss
    Über die Gen-Kultur-Koevolution wäre noch viel zu sagen. Etwa darüber, wie stark wir uns an unsere Haustiere angepasst haben: Schon allein dadurch, dass in Viehhaltergesellschaften auch Erwachsene Milch vertragen, was ursprünglich nicht in unserer genetischen Ausstattung vorgesehen war. Oder einfach, wie sehr wir von Tieren fasziniert sind (Beispiel Katzenbilder).
    Wahrscheinlich wurden auch die sozialen Instinkte der menschlichen Spezies durch unsere Vergangenheit als kooperative Jäger geprägt: Zu nennen wären die Fähigkeit zur Zusammenarbeit, Empathie, Gerechtigkeitssinn und die Neigung, soziale Fehltritte von anderen zu bestrafen.
    Radikalere Theoretiker wagen die Vermutung, dass die Evolution nicht nur bis heute anhält, sondern sich in der jüngeren Vergangenheit sogar beschleunigt hat. Liegt der Grund für die hohe Intelligenz der Chinesen vielleicht gar nicht in den Anpassungen an die Herausforderungen einer eiszeitlichen Umwelt, sondern schlicht daran, dass es im Reich der Mitte seit Jahrtausenden die hellsten Köpfe waren, die die Prüfungen für die Beamtenlaufbahn bestanden, die besten Jobs erhalten und die größten Familien gegründet haben (1)?
    Abschließend soll es hier um ein spezielles Phänomen gehen. Ob Musik, Tanz, Malerei, Dekor, Literatur, Film, Mode oder Design: Der Mensch ist ein extrem kreatives und ästhetisches Lebewesen. Dem Evolutionspsychologen Geoffrey Miller zufolge hat sich dieser Drang zum Schöpferischen durch das Wirken der sexuellen Selektion entwickelt (2). Dieser Mechanismus ist im Tierreich immer wieder zu beobachten. Er beruht darauf, dass Weibchen ihre Männchen nach bestimmten Merkmalen aussuchen – seien es lange Schwanzfedern, Mähnen, auffallende Fellzeichnungen, lange Reißzähne, Geweihe usw. Im ersten Schritt ist diese weibliche Wahl durchaus von Vorteil, denn diese Merkmale versprechen Gesundheit, große körperliche Leistungsfähigkeit und schlussendlich gute Gene für die Nachkommen. Der zweite Schritt besteht darin, dass sich diese körperlichen Merkmale mit den Genen, die die Vorliebe für diese Merkmale steuern, immer enger verbinden und sich im Gleichschritt verbreiten, wodurch der Prozess noch weiter aufgeschaukelt wird. Am Ende können dann sogar absurde Hypertrophien wie die Reißzähne des Säbelzahntigers stehen, oder Schwanzfedern, die so lang sind, dass sie den Vogel behindern.
    Miller nun hat herausgefunden, dass auch beim Menschen kreative Akte in der Mehrzahl von männlichen Wesen ausgeführt werden. Gleichzeitig finden ihre Darbietungen vor allem den Beifall des weiblichen Publikums. Was nicht nur für Popmusiker oder Schauspieler gilt. Auch herausragende Vertreter der ernsteren Künste können sich oft vor weiblichen Verehrern nicht retten.
    Wenn sich menschliche Kreativität auf dem Weg der sexuellen Selektion entwickelt hat, ist das wie gesagt nichts Neues: Dieser Evolutionsprozess ist über das gesamte Tierreich hinweg zu beobachten. Das Neue daran ist, an welchen Merkmalen dieser Prozess bei unserer Art ansetzt. Denn er erzeugte keine körperlichen Sonderbildungen wie Mähnen oder Hahnenkämme, sondern er verfeinerte Fähigkeiten, die sich in der Gen-Kultur-Koevolution herausgebildet hatten: Handwerkliches Geschick wurde übertragen auf Skulptur, Malerei, Körperschmuck oder die ästhetische Gestaltung von Gebrauchsgegenständen – von der Pfeilspitze bis zu Töpferware. Sprache wurde zum Ausgangsmaterial kreativer Erzeugnisse wie Lieder, Gedichte oder Geschichten.
    Nun sieht die Theorie vor, dass sich im Gang der Evolution nicht nur die Fähigkeiten der Produzenten steigern, sondern sich auch auf der Empfängerseite (den Betrachtern und Zuhörern) die Sinne schärfen. Tatsächlich konnten Hirnforscher feststellen, dass der Mensch – gleich ob Laie oder Profimusiker – über ein extrem gutes Gehör für Musik verfügt und falsche Töne oder Rhythmuswechsel innerhalb von Sekundenbruchteilen wahrnimmt (3).
    Von diesem Punkt aus ließe sich spekulieren, ob wir auch so etwas wie einen "Storyinstinkt" in uns tragen. Immerhin ließ sich in Untersuchungen die Beobachtung machen, dass Versuchspersonen bei Werbespots erfundene Geschichten lieber mochten als nüchterne Tatsachenbehauptungen (4).
    Und das ist doch sehr bemerkenswert. Da wo viele Tiere die Veränderungen in der Natur registrieren und sich instinktiv auf den Winterschlaf vorbereiten, richtet sich unsere Instinktausstattung, die durch die Gen-Kultur-Koevolution gegangen ist, auch auf schöne Hollywood-Schmonzetten.


    1: [Links nur für registrierte Nutzer]
    2. Miller, Geoffrey F. (2001): Die sexuelle Evolution. Heidelberg, Berlin.
    3. Bethge, Philip (2003): Die Musik-Formel. In: DER SPIEGEL Nr. 31. S. 130–140.
    4. Hsu, Jeremy (2008): The Secrets of Storytelling: Why We Love a Good Yarn. [Links nur für registrierte Nutzer]
    "Zwei Leute sind im Zimmer, vier gehen raus. Wieviele müssen wieder reinkommen, damit das Zimmer leer ist?" Mein Mathe-Lehrer

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