Bundeskanzler Schröder hat sich über außenpolitische Forderungen der Union hinweggesetzt. Er sagte der Türkei die Unterstützung Deutschlands auf dem Weg in die EU zu.
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat kurz vor dem voraussichtlichen Ende seiner Amtszeit ein demonstratives Bekenntnis zu einer EU-Vollmitgliedschaft der Türkei abgelegt. «Ziel der Verhandlungen ist die Mitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union. Nichts anderes», sagte er in einer Rede in Istanbul. «Deutschland wird sie dabei auch weiter unterstützen», so Schröder.
Damit setzte sich der Bundeskanzler über Forderungen der Union hinweg. Vor seiner Türkeireise hatte der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Bundestag, Matthias Wissmann (CDU), Schröder aufgefordert, sich bis zum Ausscheiden aus dem Amt in der Außen- und Europapolitik eng abzustimmen.
Schröder gab sich dagegen überzeugt, dass die Union seine Meinung inzwischen teile. «Sie brauchen nur ein Interview mit der CDU-Vorsitzenden zu machen», empfahl er auf einer Pressekonferenz. Die von CDU und CSU angestrebte «privilegierte Partnerschaft» mit der Türkei habe sich durch die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen «historisch erledigt».
Schröder appellierte an die Türkei, den Weg der Reformen konsequent fortzusetzen. Dadurch könnten die Vorbehalte bei vielen Bürgern in den EU-Mitgliedsländern gegen einen Türkei-Beitritt ausgeräumt werden. «Wenn wir dieses Kapitel schließen, wird es nicht mehr heißen, die Türkei und die Europäische Union, sondern die Türkei in der Europäischen Union», so Schröder. Eine Türkei, die eine Verbindung herstelle aus den Werten der westlichen Demokratien und eines aufgeklärten Islam, könne zu einem wichtigen Scharnier zwischen Orient und Okzident werden.
Erdogan lobt Schröders «politische Weitsicht»
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte Schröder zum traditionellen islamischen Fastenbrechen eingeladen. Er dankte ihm für seine Unterstützung. Der Kanzler habe der Türkei selbst «in den kritischsten Zeiten» zur Seite gestanden. «Das werden wir nicht vergessen», sagte Erdogan. Schröder habe «politische Führerschaft und strategische Weitsicht» bewiesen.
Schröders designierte Nachfolgerin im Kanzleramt, Angela Merkel (CDU), ist gegen einen EU-Beitritt der Türkei und plädiert stattdessen für eine «privilegierte Partnerschaft». (nz)