Im letzten Beitrag kam die Sprache schon kurz auf die Bombenkanone und ihre verheerende Wirkung auf hölzerne Kriegsschiffe.
Anders als Heute, wo Artilleriegranaten meist bei oder kurz nach dem Aufschlag auf ihr Ziel explodieren, waren die ersten Granaten gewissermaßen noch mit "Zeitzündern" versehen, sie explodierten, wenn ihre vor dem Abschuss entzündete Zündschnur abgebrannt war. Ihre Zerstörungspotenzial beruhte darauf, dass sie beim Aufschlag im Ziel in die dicken Beplankung des Rumpfes eindrangen, wo sie schließlich detonierten. Neben der reinen Sprengwirkung lösten sie oft auch Brände aus, die in Holz, Teer und Ölfarben reichlich Nahrung fanden, und sich nur schwer bekämpfen ließen. So konnte bereits ein einziger Treffer zum Verlust des getroffenen Schiffes führen - spätestens, wenn so ein Brand dann das Pulvermagazin erreichte. Die einzige Abwehr bestand darin, bereits das Eindringen der Granate zu verhindern, und das ließ sich nur dadurch erreichen, dass man das Holz des Rumpfes zusätzlich schützte - indem man es "panzerte".
Die Idee, Schiffe durch Eisenplatten zu schützen, war mitte den 19. Jahrhunderst nicht gänzlich neu. Schon 250 Jahre zuvor war man in Asien auf diese Idee gekommen. In Korea hatte man schon zur Mitte des 15. Jahrhunderts Schiffe gebaut, deren Oberdeck durch ein "Dach", zunächst noch aus dicken Holzplanken, geschützt war. Im ausgehenden 16. Jahrhundert verbesserte man die Wirksamkeit dieses Konzepts gegen Kanonenkugeln dadurch, dass man diese Planken mit geschmiedeten Eisenplatten verstärkte. Zusätzlich wurden senkrechte Speerspitzen angebracht, die der Abwehr von Enterern dienen sollten. Diese Schiffe, Schildkrötenschiffe genannt, kämpften erfolgreich im Imjin-Krieg (1592-98) gegen Japan.
Nachbau eines Schildkröten-Schiffs im koreanischen War Memorial Museeum
Diese Schiffe konnten gesegelt werden, verdankten ihre Beweglichkeit im Gefecht aber ihren Ruderern. Bis nach Europa drang diese Entwicklung allerdings nicht vor. Erst im Krimkrieg kamen wieder Schiffe mit Eisenpanzerung zum Einsatz, wenn auch noch nicht beim Kampf gegeneinander. Französische Panzer-Batterieschiffe mit Dampfantrieb näherten sich am 17. Oktober 1855 der auf der Südseite der Dnepr-Mündung gelegenen Festung Kinburn auf weniger als 100 Meter und nahmen sie mit Mörser-Sprenggranaten unter Beschuss. Die Festung wurde dabei nahezu dem Erdboden gleich gemacht, während die Schiffe selbst trotz anfänglich heftiger Gegenwehr der Festung dank ihrer Panzerung so gut wie keinen Schaden nahmen.
Panzer-Batterieschiffe beschießen die Festung Kinburn
Französisches Panzer-Batterieschiff
Lave
Diesen durchschlagenden Erfolg konnten auch die Traditionalisten in den Marine-Planungsämtern und Admiralitäten, die bisher wenig von dampfgetriebenen Panzerschiffen gehalten hatten, nicht mehr ignorieren. Die Briten, im Krim-Krieg immerhin mit Frankreich verbündet, und direkte Augenzeugen der Schlacht von Kinburn, waren so aufgeschreckt, dass die sonst eher gemächliche Admiralität schon im Folgejahr drei eigene Panzer-Batterieschiffe in Auftrag gab, die
HMS Terror, Thunderbolt und Erebus.
Trotzdem war es erneut Frankreich, das die nächste Entwicklungsstufe vom Holz-Linienschiff zum Ganzstahl-Panzerschiff einläutete. Während man in England noch über den wirklichen Wert der neuen Panzer-Batterieschiffe stritt, zog die französische Admiralität die nächste Konsequenz aus den Erfahungen im Krim-Krieg und gab den Bau der
La Gloire in Auftrag, der ersten hochseetauglichen Panzer-Dampffregatte. Die Kiellegung fand 1858 statt, 1860 war das Schiff fertig ausgerüstet und wurde in Dienst gestellt. Die
La Gloire war in Komposit-Bauweise erstellt, ihr Kiel und ihre Spanten bestanden aus Eisen, der Rumpf wurde dann traditionell mit Holz beplankt und schließlich mit Eisenplatten gepanzert.
Photo das La Gloire, vor 1866
Erneut waren die seeherrschafftsgewohnten Briten erschüttert, denn ihre umfangreiche Marine hatte nichts vergleichbares zu bieten. Noch während die
La Gloire sich im Bau befand, gab die Admiralität deswegen 1859 den Bau der Warrior-Klasse in Auftrag, die aus zwei Schiffen,
HMS Warrior und
HMS Black Prince bestand, und die ganz aus Eisen gefertigt war, also keine hölzerne Beplankung mehr besaß. Im Gegensatz zur
La Gloire, die - bedingt durch ihre Bauweise - nach knapp 10 Jahren außer Dienst gestellt und 1879(?) verschrottet wurde, ist die
HMS Warrior bis heute erhalten.
HMS Warrior (1861) an ihrem Liegeplatz in den Historic Docks in Portsmouth
Diese neue Schiffsklasse der Panzerschiffe war nun gegen Granat-Beschuss recht gut geschützt, ihr Dampfantrieb erlaubte ihnen das Manöverieren unabhängig vom Wind, in taktischer Hinsicht unterschieden sie sich aber noch nicht fundamental von den Linienschiffen früherer Tage, denn ihre Bewaffnung war in Batteriedecks aufgestellt und feuerte quer zur Fahrtrichtung. Zu Kämpfen zwischen Panzerschiffen kam es aber nicht in Europa oder seinen kolonialen Besitzungen, die erste Schlacht zweier Irconclads fand im Rahmen des Sezessionskrieges statt, als die U.S.S. Monitor und die C.S.S. Virginia (ex Merrimack) sich zur Schlacht in den Hampton Roads trafen. Aber davon mehr beim nächsten Mal.