Umfassend, verständlich und nachvollziehbar!Moin, Südstaatler!
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Die Pulverkammer der britischen "Victory" hatte eine Kapazität von 6 Tonnen (!) für ein 100 Kanonen "ship of the line". Damit sind bei den Breitseitengeschützen etwa 2000 bis 3000 Schuß möglich. Das sind 20-30 Schuß pro Geschütz, wobei berücksichtigt werden muß, daß ein Schiff zumeist nur eine Bordseite der Geschütze bediente.
Aus meinen Unterlagen war bisher nur zu sehen, daß die Pulverkammer stets im Orlop-Deck angesiedelt war, aus Gründen, die Heifüsch klar dargelegt hat. Dennoch muß ich in einem Punkt widersprechen: Pulverkammern waren nicht "flutbar" bei den Holzschiffen. Brannte ein Schiff erst einmal, war die Explosion der Pulverkammer nur eine Frage der Zeit.
Schwarzpulver ist "massenexplosionsgefährlich", d.h. es explodiert mit etwa 1200 m/sec, wenn genug Pulver vorhanden ist (über 5 Kilo!) das von Dir angesprochene "Deflagrieren" , also "langsame" Abbrennen ist bei Schwarzpulver ein sehr relativer Begriff (bis 800m/sec.) Pulver wurde auf englischen Schiffen immer als letztes Gut an Bord genommen, weil viele Fässer nicht richtig dicht waren und verstreutes Pulver an Bord immer sofort zusammengekehrt und über Bord geworfen wurde. Das hatte seinen Grund mit der metallenen Faßumreifung aller Fässer, die verstreutes Pulver leicht hätten entzünden können, wenn sie über verstreutes Pulver gerollt werden. Bis etwa 1680 hatten deshalb die Pulverfäasser keine Metallreifen, sondern Erlenholz-Reifen.
Die Pulverkammer englischer Linienschiffe war ab 1780 deshalb auch 2-geteilt von der Flächennutzung: Eine kleine und massive Kammer für die Lagerung der Fässer und eine relativ großflächige Lagerung für die vorbereiteten Kartuschen der Breitseitengeschütze. Hier lagerten in aller regel Kartuschen für 3-5 Schuß pro Geschütz: das klingt erst einmal harmlos, ist aber deshalb schwer zu begreifen, weil ja mindestens 7-10 Kaliber an Bord pulvertechnisch vorrätig gehalten werden mußten. (42 -32 -24 - 18 Pfünder Kanonen plus später die Karronaden und die vielen Bordgeschütze kleineren Kalibers).
Aus von Heifüsch genannten Gründen war das Pulver in der Pulverkammer auch stets abgeschlossen vom Rest des Schiffes und die Kartuschfertigung fand in aller Regel an Bord statt durch den "powder-master" und seine Gehilfen, den "powder-apes", die sich in der Pulverkammer nur mit Filz-Pantinen bewegen durften und an den Tagen der Kartuschfertigung keine "rum-rations" bekamen.
Nach 1796 wurden auch noch die Kugeln konfektioniert, d.h. bei den großen Kalibern durch "hoops" (Metallreifen) auf die "Spigots" (hölzerne Treibspiegel) mit Nägeln befestigt.
Zum "Auffliegen" eines Schiffes (blow-up explosion) gibt es genug Berichte, die exakt diesen Vorgang präzise beschreiben. Unabhängig von der Schiffsgröße war das Ergebnis immer gleich: eine kräftige Explosion und danach war das Schiff nicht mehr "da", sondern versunken.
Hofft, geholfen zu haben,
KuK