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Thema: Die vergessene Architectura Navalis

  1. #111
    Bürgerrechtelnder >ß´( Benutzerbild von Heifüsch
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    Standard AW: Die vergessene Architectura Navalis

    Sooo,...äh, ..ja! Anknüpfend an #92 und #93 hier nun ein Modell, das die meisten Flohmarktbesucher wohl naserümpfend links liegen lassen würden.



    Man beachte die Ähnlichkeit mit dem Danziger Holk... Zur Erklärung ausnahmsweise mal ein Wiki-Link:

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  2. #112
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    Standard AW: Die vergessene Architectura Navalis

    Spanische Viermast-Karavelle 'Estremadura', Stapellauf 1511.
    Länge 55m
    Breite 4,28m
    Tiefgang 5,90m
    Verdrängung 228to
    Bewaffnung 24x 9-Pfünder Kolubrinen
    Besatzung 86 Seeleute, 120 Soldaten.

    Sie ist für ihre Epoche stark bewaffnet, man beachte auch den seltsamen Rammsporn, der wohl ihrer Mittelmeer-Einsatzregion geschuldet ist, wo zu der Zeit so viele Galeeren im Einsatz waren, die bekanntlich den Nahkampf und das Rammen suchen. Die 'Estremadura' gehörte zu einem Geschwader von (Truppen)Transportschiffen, die zusammen mit 50 Galeeren des Malteser Ordens, Neapels, Genuas und des Vatikanstaates Algier gegen den Angriff des berühmten türkischen Korsaren Barbarossa (Kheir-Ed-Din) verteidigen sollten. Ein Sturm vor Algier machte das Vorhaben allerdings zunichte, und auch dieses Schiff ging mit 20 anderen Schiffen unter, während man die Besatzung noch bergen konnte.


    Eurasischer Faschismus wird gestoppt von Wachsamkeit, Widerstand, Einigkeit der Demokratien.

  3. #113
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    Standard AW: Die vergessene Architectura Navalis

    Portugiesische Lateinsegler-Karavelle 'Vijia', Stapellauf um 1600.
    Länge 32,06m
    Breite 6,50m
    Tiefgang 3,70m
    Verdrängung 126to
    40 Mann Besatzung.
    Die 'Vijia' war fast 50 Jahre im Einsatz und stellt die letzte Weiterentwicklung der Karavelle dar, bevor diese von den Meeren verschwand, sie überquerte als letztes Schiff dieses Typs den Atlantik (1618 Kapitän Bartholomeu Nodal) ohne einen Mann Verlust. Im Kielraum konnte sie Vorräte für 10 Monate mitführen.


    Wie dehnbar der Gattungsbegriff 'Karavelle' war! Die Rumpfgestaltung dieses portugiesischen Schiffes ist dem der vorgenannten spanischen Karavelle sowas von unähnlich.


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  4. #114
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    Standard AW: Die vergessene Architectura Navalis

    Zitat Zitat von Geronimo Beitrag anzeigen
    Hier mal der Nachbau der "Batavia" in Lelystad/NL. Ich hab vor Jahren mal davor gestanden. Kam mir relativ klein vor. Also auf Bildern wirken die Dinger immer wesentlich größer.
    Geile Aufnahme, wirkt sehr authentisch. Man könnte sich vierhundert Jahre zurückversetzt fühlen...


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  5. #115
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    Standard AW: Die vergessene Architectura Navalis

    Zitat Zitat von Heifüsch Beitrag anzeigen
    So, hier isser nun. Der Prototyp des modernen Segelschiffs, der Holk:



    (Nicht zu verwechseln mit dem genannten Hulk. Der fungiert hier eben als Namensgeber für diese Fusion mit der Kogge.) Links das Danziger Siegel von 1400 und rechts die Modellrekonstruktion des Danziger Schiffahrtmuseums.


    Bezeichnenderweise taucht dieser neue Typ an der Wende zum 15. Jhdt. gleichzeitig entlang der gesamten ost-westlichen Haupthandelsroute der Hanse auf. Die Ratssiegel von Southampton (1400), Rye (um 1400), Amsterdam (1400) und Danzig (1400) belegen das. Dieses Schiff musste sich also nicht erst lange gegen die Konkurrenz durchsetzen, sondern war bereits bei Markteinführung der Renner.
    Dieses Holk-Modell sieht doch fast identisch aus wie mein Bild der englischen 'Mary Fortuna'...


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  6. #116
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    Standard AW: Die vergessene Architectura Navalis

    Zitat Zitat von Cetric Beitrag anzeigen
    Dieses Holk-Modell sieht doch fast identisch aus wie mein Bild der englischen 'Mary Fortuna'...
    In deinem Bild wurde sie aber als "Kogge" bezeichnet und das ist definitiv falsch. Als Holk deklariert isses wieder okay, auch wenn solche "Rekonstruktionen" meist sehr hypothetisch sind und nur den Schiffstyp einigermaßen wiedergeben, nicht aber das spezielle Vorbild mit all seinen Charakteristika. Irgendeine Originalabbildung einer "Mary Fortune" aus dieser Zeit ist mir jedenfalls nicht bekannt. Hier scheint auch ein Kraweelbau vorzuliegen, wo ein geklinkerter zu erwarten wäre. (kraweel - Planken seitlich auf Stoß, geklinkert - Planken seitlich dachziegelmäßig überlappend) :-)

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  7. #117
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    Zitat Zitat von Cetric Beitrag anzeigen
    Geile Aufnahme, wirkt sehr authentisch. Man könnte sich vierhundert Jahre zurückversetzt fühlen...
    Geil isses auch, da drin rumzukrauchen. Willem Vos, der Schiffbaumeister, hat sich wirklich alle Mühe gegeben, dieses Schiff möglichst authentisch nachzuempfinden. Nur die Farbgebung ist wie üblich absolut daneben, leider :-(
    Die originale Batavia war das erste europäische Schiff, das an der australischen Küste strandete. Die anschließende Meuterei stellt die der Bounty übrigens bei weitem in den Schatten. Zudem wurden Wrackreste gefunden, die bei der Rekonstruktion berücksichtigt wurden, ansonsten wurde nach dem Vorbild der Vasa gebaut...

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  8. #118
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    Zitat Zitat von Heifüsch Beitrag anzeigen
    In deinem Bild wurde sie aber als "Kogge" bezeichnet und das ist definitiv falsch. Als Holk deklariert isses wieder okay, auch wenn solche "Rekonstruktionen" meist sehr hypothetisch sind und nur den Schiffstyp einigermaßen wiedergeben, nicht aber das spezielle Vorbild mit all seinen Charakteristika. Irgendeine Originalabbildung einer "Mary Fortune" aus dieser Zeit ist mir jedenfalls nicht bekannt. Hier scheint auch ein Kraweelbau vorzuliegen, wo ein geklinkerter zu erwarten wäre. (kraweel - Planken seitlich auf Stoß, geklinkert - Planken seitlich dachziegelmäßig überlappend) :-)
    Über unser Schiffchen hier scheinen sich noch mehr Leute den Kopf zerbrochen zu haben, schau mal hier:

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    Interessanterweise meint jemand ganz unten die 'Mary Fortuna' doch noch gefunden zu haben, der Schreiber dort nennt ein Siegel der Admiralität von Bristol aus dem Jahr 1430 als Vorbild für unser Bild, das aber einen Holk zeige. Da liegst du goldrichtig.


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  9. #119
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    Standard AW: Die vergessene Architectura Navalis

    Zitat Zitat von Cetric Beitrag anzeigen
    Über unser Schiffchen hier scheinen sich noch mehr Leute den Kopf zerbrochen zu haben, schau mal hier:

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    Interessanterweise meint jemand ganz unten die 'Mary Fortuna' doch noch gefunden zu haben, der Schreiber dort nennt ein Siegel der Admiralität von Bristol aus dem Jahr 1430 als Vorbild für unser Bild, das aber einen Holk zeige. Da liegst du goldrichtig.
    Ich denke mal, daß diese Zeichnung aus irgendwelchen Versatzstücken frei improvisiert wurde. Denn weder das Admiralitätssiegel von Bristol, das übrigens aus dem 16. Jhdt. stammt, noch irgendwelche anderen frei zugänglichen Quellen berichten von einer "Mary Fortuna" mit dieser um 1400 üblichen Holk-Optik. Erst 1497 taucht eine "Mary Fortune" auf, allerdings als Galeasse, einer Art schwerer Galeere. Hochinteressant dagegen sind die Abbildungen der sog. Warwick Roll aus der Mitte des. 15. Jhdts. mit einigen sehr detaillierten Dreimastern vom Typ des Holks bzw. der frühen Karracke. Allerdings kennt nicht einmal Google diese wichtige Quelle speziell aus schiffahrtshistorischer Sicht :-(
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  10. #120
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    Standard AW: Die vergessene Architectura Navalis

    In #111 hatte ich ja schon das sogenannte Mataro-Schiff angeführt, das weltberühmte Modell einer katalanischen Nao aus der Mitte des 15. Jahrhunderts und das einzige erhaltene Modell dieses für die schiffbauliche Entwicklung so wichtigen Zeitraums, von etwaig erhaltenen Originalschiffen ganz zu schweigen.
    Es finden sich zwar immer mal ein paar Überreste massiver Kiele und Spanten, aber alles andere, was etwas über das Aussehen der Schiffe dieser Zeit aussagen könnte, ist natürlich unwiederbringlich verrottet, weshalb man fast ausschließlich auf die Auswertung bildlicher Quellen angewiesen ist, wenn man ein Schiff dieser Zeit rekonstruieren möchte :-(

    Aber zum Glück haben wir ja dieses Modell einer Nao, eines krawelgeplankten Holks, der sich wie man sieht bis ins Mittelmeer ausgebreitet hatte und dort wie´s scheint bereits einen zweiten Mast verpasst bekam. Mehrmastige Schiffe waren dort längst bekannt und nun wurde eben auch dieser nordische Technologie-Import entsprechend modifiziert. ( Der einst vorhandene zweite Mast wurde allerdings von übereifrigen Vorbesitzern entfernt, um eine angebliche Authentizität wiederherzustellen.)

    Das Interessante an diesem Modell ist, daß es einerseits noch alle Merkmale des Danziger Holks von 1400 wiedergibt, dann aber auch Anhaltspunkte etwa für die spätere Nao "Santa Maria" der Herrn Kolumbus liefert, also eines um etwa 1480 erbauten Schiffs. Wenn man einmal davon absieht, daß nordische Schiffe weiterhin geklinkert und mediterrane krawelgebaut waren, liegt der wichtigste Unterschied hier in der expandierenden Bemastung und Besegelung, die ab etwa der Mitte des 15. Jhdts. vom Süden ausgehend ihren revolutionären Einfluss auf die nördliche Schiffbautradition nahm.

    Um 1460 wurde die Krawelbauweise dann auch im Norden bekannt. So durch den berühmten "Pierre de la Rochelle", einem krawelgebauten Dreimaster, der 1462 in Danzig wegen eines Blitzschadens festlag und schließlich in Danziger Besitz überging, um als "Peter von Danzig" Geschichte zu schreiben. Die nordischen Schiffbauer studierten die neue Methode und erkannten ihre Vorteile gerade für größere Schiffe. Und natürlich waren sie von den Segeleigenschaften angetan, die mehrmastige Schiffe aufwiesen.

    So etwa könnte Kolumbus` "Santa Maria" ausgesehen haben:



    Die Grundform des Holks ist noch erkennbar. Hier nun der "Peter von Danzig":



    Und noch einmal der Danziger Holk von 1400 mit komischen Messpunkten:


    ...und nochmal das Mataro-Modell. Die Proportionen sind wohl etwas gequetscht, was bei solchen Votifschiffen aber die Regel ist. In seiner Detailtreue ist dieses fast zwei Meter lange Modell allerdings sehr exakt :-)



    Zum Schluß noch ein Bildausschnitt aus Sandro Botticellis "Urteil des Paris" (1485-88) :-)
    Geändert von Heifüsch (23.04.2013 um 00:40 Uhr)
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