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Thema: Erdogan schwärmt plötzlich wieder von Europa

  1. #1
    GESPERRT
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    Standard Erdogan schwärmt plötzlich wieder von Europa

    Aus Ankara und Paris kommen Signale für eine Belebung des türkischen Beitrittsprozesses. Für beide Seiten ist ein wenig Fortschritt vorteilhaft – ohne, dass man dabei wirklich an einen Erfolg denkt.

    Zwischen Europa und der Türkei blinkt es derzeit ganz gewaltig, Lichtsignale flackern zwischen beiden Seiten. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte noch bei seiner Wiederwahl im vergangenen Herbst Europa nur dreimal erwähnt, als rassistisch, ungerecht und ehrlos. Jetzt sagte er den EU-Botschaftern in Ankara, die Türkei halte weiterhin am Beitritt als vorrangigem Ziel fest und forsche nicht nach Alternativen. Der türkische EU-Minister Egemen Bagis geruhte kürzlich gar, sich gemeinsam mit EU-Offiziellen auf einem Foto zu zeigen, was bei türkischen Politik-Astrologen für hochgezogene Augenbrauen sorgte.
    Auch gegenüber Israel herrscht plötzlich Tauwetter. Die Regierung in Jerusalem lässt türkische Hilfsgüter nach Gaza, damit dort ein Krankenhaus gebaut werden kann, damit Erdogan es besuchen kann. Im Jahr 2010 waren noch neun Türken einer [Links nur für registrierte Nutzer]von israelischen Kommando-Soldaten erschossen worden, nachdem die betreffende türkische "Hilfsorganisation" sich geweigert hatte, ihre Güter über Land durch israelische Checkpoints nach Gaza zu bringen und stattdessen die israelische Seeblockade durchbrechen wollte.
    Ganz nebenbei: Über die ägyptische Grenze gehen die aktuellen Transporte nicht, dabei ist man doch so eng verbündet. Aber der Führung in Kairo mag allzu starker türkischer Einfluss in Gaza nicht lieb sein. Das Tauwetter mit Israel ist wohl zudem auch ein Signal, dass die Türkei sich wieder mehr Mühe geben will, Brüssel zu gefallen. Kaum vorstellbar, dass die EU ein Land aufnimmt, dessen Führung in Sachen Israel rhetorisch mit Irans Präsident Ahmadinedschad wetteifert.

    Frankreich lächelt zurück

    Von europäischer Seite lächelt man zurück. Frankreich will eines der mehreren bislang von Paris blockierten Kapitel der Beitrittsverhandlungen (das Kapitel zur Regionalpolitik) nun doch öffnen. Grund der bisherigen Blockade war die Weigerung der Türkei, das EU-Mitglied Südzypern anzuerkennen.
    Was ist da los? Kommt nun doch der türkische EU-Beitritt? Von Ankara aus gesehen jedenfalls ist die EU-Perspektive wieder wichtiger geworden, nachdem die türkische Politik der Hinwendung zum mittleren Osten gescheitert ist.
    Da hatte es nämlich unlängst Träume von einer gemeinsamen Wirtschafts- und Wohlstandszone gegeben. Tatsächlich war der Handel mit den östlichen Nachbarländern stark gestiegen, die Visumpflicht für eine ganze Reihe von Ländern wurde aufgehoben. Erdogan sprach auf Konferenzen von der glänzenden, geradezu planetarischen Zukunft der muslimischen Welt, wenn sie sich nur vereine, selbstverständlich unter dem wohlwollend väterlichen Blick der Türkei. Dann aber kam der arabische Frühling. Wirtschaftlich brachen Libyen, Ägypten und Syrien zusammen, in Tunesien sieht es derzeit auch nicht rosig aus.

    Türkischer Einfluss im Nahen Osten bröckelt

    Nicht einmal im Nachbarland Syrien reicht der türkische Einfluss aus, eine neue, tragfähige und freundlich gesinnte Ordnung zu schaffen. Und machtpolitisch meldete dann auch noch Ägyptens neuer, halb-demokratisch legitimierter Präsident Mohamed Mursi Führungsansprüche an, die mit denen Erdogans wetteifern - so wie der eine gerne Sultan wäre, wäre der andere gern Pharao.
    Jedenfalls stieß die vom türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu ausdrücklich vorgegebene Marschlinie, den globalen Einfluss der Türkei zu maximieren, im Osten plötzlich auf unerwartete Grenzen. Eine Türkei, die im zusammenbrechenden Nahen Osten vergeblich um Einfluss ringt und dafür die EU vernachlässigt, ist aber kein Land, dessen globaler Einfluss wächst.
    Und so rechnet es sich plötzlich wieder, der EU schöne Augen zu machen. Ein sogenannte "viertes Reformpaket" soll nun türkische Gesetze so ändern, dass sie nicht mehr massenhaft Klagen der Opfer türkischer Willkürjustiz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte produzieren.

    Frankreich will von eigenen Problemen ablenken

    Auch für Frankreich, aber auch für Europa mag es zumindest als Ablenkung von eigenen Problemen Sinn machen, wenn wieder Bewegung in den Beitrittsprozess kommt: Gerade erst quält sich die Gemeinschaft aus den schlimmsten Wirrungen der Finanzkrise.
    Frankreichs Wirtschaft darbt unter Präsident François Hollande. Sich wieder mit der Türkei zu beschäftigen signalisiert, dass man noch handlungsfähig ist und nicht nur ums politische Überleben ringt.

    Ein wenig Bewegung nützt allen

    Das heißt nicht, dass der EU-Beitritt in Ankara oder in der EU bereits erwünscht wird. Die Türkei will derzeit nicht soviel Souveränität aufgeben, wie es ein Beitritt erfordern würde. Und sicher wäre ein türkischer Beitritt auch für Europa derzeit noch eine bedenkliche Herausforderung. Aber ein wenig Bewegung nützt allen.
    Das grundlegende Paradox ist dabei: Keine Seite wird den Beitrittsprozess jemals freiwillig aufkündigen, obwohl derzeit keine Seite den Beitritt wirklich will. Um aber nicht völlig absurd zu wirken, muss dann und wann ein wenig Fortschritt sein.
    Und das bedeutet, dass man sich, einen halbherziger Schritt nach dem anderen, mit der Zeit auf ein Finale zubewegt, das eine interessante Eigendynamik entwickeln kann.
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    Liest sich fast wie ein Abgesang auf die erst vor 2 Jahren von Erdogan proklamierte "kommende Weltmacht" Türkei.
    Wenn Syrien schon so ein Brocken für die Türkei ist, dass die von Davutoglu entworfene außenpolitische Agenda wieder zu den Akten gelegt werden muss, dann sollte die Türkei erst gar nicht daran denken sich eigenständig, ohne die NATO im Rücken, mit Ländern zu messen, die ihnen in Sachen Souveränität um Jahrzehnte voraus sind.

  2. #2
    Mitglied Benutzerbild von Shahirrim
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    Standard AW: Erdogan schwärmt plötzlich wieder von Europa

    Zitat Zitat von Conny Beitrag anzeigen
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    Liest sich fast wie ein Abgesang auf die erst vor 2 Jahren von Erdogan proklamierte "kommende Weltmacht" Türkei.
    Wenn Syrien schon so ein Brocken für die Türkei ist, dass die von Davutoglu entworfene außenpolitische Agenda wieder zu den Akten gelegt werden muss, dann sollte die Türkei erst gar nicht daran denken sich eigenständig, ohne die NATO im Rücken, mit Ländern zu messen, die ihnen in Sachen Souveränität um Jahrzehnte voraus sind.
    Er will auch wieder Israels bester Kumpel sein!

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  3. #3
    GESPERRT
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    Standard AW: Erdogan schwärmt plötzlich wieder von Europa

    Zitat Zitat von Shahirrim Beitrag anzeigen
    Er will auch wieder Israels bester Kumpel sein!

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    Er war schon immer ein Kumpel Israels.
    Er kennt als Törke aber nunmal die törkische Mentalität und weiß am besten, dass die meisten Türken einen Dauerständer kriegen, wenn er so mit Peres redet wie in Davos.
    Davon zehren solche Witzfiguren, wie einige unserer Foumtürken heute noch und halten es nicht für eine Inszenierung, sondern als Zeichen der unbändigen Stärke der Türkei

  4. #4
    Mitglied Benutzerbild von romeo1
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    Standard AW: Erdogan schwärmt plötzlich wieder von Europa

    Und ich hatte gehofft, daß sich der Beitrittsirrsinn langsam erledigt hat. Ich befürchte nur, daß sich auch die dt. Politschranzen alle Mühe geben werden, dem Erdogan möglichst tief in den Allahwertesten zu kriechen und darauf zu pfeifen, was die Mehrheit der Deutschen von diesem Ansinnen hält.

  5. #5
    Lügenpressegegner Benutzerbild von Quo vadis
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    Standard AW: Erdogan schwärmt plötzlich wieder von Europa

    Zitat Zitat von romeo1 Beitrag anzeigen
    Und ich hatte gehofft, daß sich der Beitrittsirrsinn langsam erledigt hat. Ich befürchte nur, daß sich auch die dt. Politschranzen alle Mühe geben werden, dem Erdogan möglichst tief in den Allahwertesten zu kriechen und darauf zu pfeifen, was die Mehrheit der Deutschen von diesem Ansinnen hält.
    Erdogan ist wie ein Werbeprodukt, jeder will ihn aber kein Mensch braucht ihn.
    "Um zu lernen, wer über dich herrscht, finde einfach heraus, wen du nicht kritisieren darfst."Voltaire (1694-1778

  6. #6
    Mitglied Benutzerbild von Shahirrim
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    Standard AW: Erdogan schwärmt plötzlich wieder von Europa

    Zitat Zitat von romeo1 Beitrag anzeigen
    Und ich hatte gehofft, daß sich der Beitrittsirrsinn langsam erledigt hat. Ich befürchte nur, daß sich auch die dt. Politschranzen alle Mühe geben werden, dem Erdogan möglichst tief in den Allahwertesten zu kriechen und darauf zu pfeifen, was die Mehrheit der Deutschen von diesem Ansinnen hält.
    Der Kerl sitzt an allen Tischen und wird, je nach Wetterlage, sich mal eher nach Asien, dann mal nach Europa orientieren. Da er in der Nato sitzt, kann er das auch! Er weiß, dass alle ihn für die Strategie der Nato brauchen, aber als Vollmitglied nicht haben wollen.

    Da nutzt er seine geographische Lage als Trumpfkarte!

  7. #7
    Mixerbesitzerin Benutzerbild von Marlen
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    Standard AW: Erdogan schwärmt plötzlich wieder von Europa

    Ich bin dafür - dass die Türkei zu EU gehören soll - allerdings nur unter der Bedingung
    - dass sie all ihre Bürger europaweit einsammeln - und wieder mit nach hause nehmen!
    ... man muss dem Leser "die Wahrheit wie einen
    nassen Lappen ins Gesicht" klatschen ...

    Henri Nannen

  8. #8
    GESPERRT
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    Standard AW: Erdogan schwärmt plötzlich wieder von Europa

    Zitat Zitat von Shahirrim Beitrag anzeigen

    Da nutzt er seine geographische Lage als Trumpfkarte!
    So siehts aus.
    Die geographische Lage der Türkei ist der größte Bodenschatz, den sie haben. Genau diese Lage ist es, die die Türkei so sexy macht.

  9. #9
    Mitglied Benutzerbild von Shahirrim
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    Standard AW: Erdogan schwärmt plötzlich wieder von Europa

    Zitat Zitat von Conny Beitrag anzeigen
    So siehts aus.
    Die geographische Lage der Türkei ist der größte Bodenschatz, den sie haben. Genau diese Lage ist es, die die Türkei so sexy macht.
    So ist es. Denn Russland kann nicht raus, ohne Erlaubnis der Türkei. Die müssten ganz aus Wladiwostok anfahren!

    Der einzige ganzjährig eisfreie Hafen für Russland liegt hier in Europa numal im Schwarzen Meer, wo die Türken sagen können: "Du kommst hier nicht raus/rein!"

  10. #10
    Ouzo-Cola Benutzerbild von Skaramanga
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    Standard AW: Erdogan schwärmt plötzlich wieder von Europa

    Zitat Zitat von Shahirrim Beitrag anzeigen
    So ist es. Denn Russland kann nicht raus, ohne Erlaubnis der Türkei. Die müssten ganz aus Wladiwostok anfahren!

    Der einzige ganzjährig eisfreie Hafen für Russland liegt hier in Europa numal im Schwarzen Meer, wo die Türken sagen können: "Du kommst hier nicht raus/rein!"
    Natürlich könnten die Russen versucht sein zu entgegnen "пиздец сука ..."


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