Deutschland und seine Ostgebiete.
Verzicht oder nicht?
Ostwärts der "Oder - Neiße - Linie" liegt:
Die Provinz Ostpreußen: Das "Memelland" ist der Sowjetrepublik Litauen zugeteilt. Der übrige Nordteil der Provinz steht unter russischer Verwaltung und dient als russische Militärbasis gegen Süd-, Nord-, Mittel- und Westeuropa. Der Südteil der Provinz steht unter polnischer Verwaltung.
Die Provinz Westpreußen: Sie steht unter polnischer Verwaltung. Der sogenannte "Polnische Korridor" wurde schon im Versailler Vertrag Polen zugesprochen. Danzig wurde damals zur "Freien Stadt" erklärt.
Die Provinz Schlesien: Sie steht unter polnischer Verwaltung. Das Hauptindustriegebiet in Ostoberschlesien wurde trotz der dort nach dem 1. Weltkrieg vorgenommenen Abstimmung, die 60 % für Deutschland erbrachte, Polen zugesprochen.
Der ostwärts der Oder liegende Teil der Provinz Pommern mit Stettin: Er steht unter polnischer Verwaltung.
Sudetenland: Nach dem ersten Weltkrieg wurden die fast ausschließlich deutsch besiedelten Randgebiete Böhmens und Mährens, seitdem Sudetenland genannt, dem aus deutschen, tschechischen und slowakischen Gebieten der früheren österreichisch-ungarischen Monarchie neugebildeten Kunststaat "Tschechoslowakei" zugeteilt. Hier wurden 1945 2,9 Millionen Deutsche vertrieben; die Zahl der Toten durch Vertreibung betrug etwa 300.000.
Größe, Einwohnerzahl, Vertreibung ohne Sudetenland und ohne die Vertreibung und Ermordung Volksdeutscher in Polen und der übrigen Tschechoslowakei:
In den Grenzen von 1937: 114.296 qkm = fast 25 % der Fläche des Deutschen Reiches.
Einwohner 9.620.818 = 14 % der Einwohner des Deutschen Reiches.
Kriegsverluste 667.000.
Nachkriegsverluste durch Vertreibung 1.212.000.
Vertrieben: 7,5 Millionen, davon in die Bundesrepublik 4,4 Mio.
Geschichte (auf kürzesten Nenner gebracht):
Bis zum 5. Jahrhundert waren Schlesien sowie das Oder- und Warthe-Land germanisch besiedelt, z.B. Vandalen und Burgunder. Diese rückten teilweise unter dem Druck mongolischer Einfälle (Hunnen) nach Westen ab; in das Gebiet rückten Oststämme nach, die sich mit der germanischen Restbevölkerung mischten. Seit 1175 erfolgte neue friedliche deutsche Besiedlung, Kultivierung.
In Ostpommern saßen die Kaschuben, die keine Polen waren; sie sind im Laufe von Jahrhunderten eingedeutscht.
Im 12. Jahrhundert riefen die Herzöge von Masovien (Polen) den Deutschen Ritterorden zu Hilfe gegen die Pruzzen (Preußen), die neben anderen (Masuren) im heutigen Ostpreußen saßen. Der Orden eroberte West- und Ostpreußen und leistete gemeinsam mit deutschen Einwanderern und der Hanse bedeutende Kulturarbeit. Die dortigen (nichtpolnischen) Stämme gingen mit der Zeit im Deutschtum auf. In wechselnder Geschichte nahm zeitweilig Polen Besitz von Teilen West-, Ostpreußens und Schlesiens (auch des östlich anschließenden Litauen). Der Deutsche Ritterorden wurde 1410 von Polen bei Tannenberg geschlagen. Im Ganzen jedoch blieb seit über 700 Jahren die Geschichte und Kulturgeschichte dieser Gebiete deutsche Geschichte.
Die Diskussion, ob wir territoriale Ansprüche an Polen erheben, ist verfehlt. Territoriale Ansprüche erhebt Polen an uns, nämlich auf Abtretung eines Gebiets, das 4 preußischen Provinzen entspricht, entschädigungslos samt allem privaten Eigentum in diesem Land.
Ist es zweckmäßig, diese Ansprüche zu erfüllen?
Es wird behauptet, daß die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Grenze Frieden zwischen dem deutschen und dem polnischen Volk herbeiführen würde. Dabei wird manchmal auf Otto von Bismarck Bezug genommen, der nicht wie Hitler alles angestrebt habe, um schließlich alles zu verlieren. Hierzu ein Ausspruch Bismarcks: "Niemand wird jemals reich genug sein, um seine Feinde mit Konzessionen kaufen zu können."
Gerade am Beispiel Hitlers zeigte sich, daß Versuche mißlangen, mit Konzessionen Frieden und Verständigung zu erreichen:
Er war ein Freund und Bewunderer Englands, hat ihm die Herrschaft zur See zugestanden und ihm die Hilfe der deutschen Landmacht zur Erhaltung des britischen Imperiums angeboten. England hat ihm den Krieg erklärt, weil es nach altem Rezept die deutsche Konkurrenz ausschalten und auf die ständige Unruhestiftung auf dem europäischen Festland (Balance of Power, d.h. Niederschlagung der ersten Festlandsmacht mit Hilfe der zweiten), nicht verzichten wollte.
Er hat Frankreich den endgültigen Besitz des weit überwiegend deutsch besiedelten Elsaß-Lothringen zugesprochen, nachdem das Saarland für Deutschland gestimmt hatte und die deutsche Souveränität im Rheinland wiederhergestellt war. Nunmehr gäbe es nichts mehr, das zwischen Deutschland und Frankreich stände. Ergebnis: Frankreich hat Deutschland den Krieg erklärt, sich zum zweiten Male das Saarland anzueignen versucht und bemüht sich bis heute, die deutsche Bevölkerung Elsaß-Lothringens zu französisieren.
Er hat Italien Südtirol zugestanden, um ihm die ersehnte Brennergrenze zu verschaffen. Das hat nicht zu Frieden und Verständigung geführt. Italien verfolgt bis heute Deutsche in Südtirol und gebärdet sich bei sonstigen Gelegenheiten deutschfeindlich.
Er hat Polen versichert, die im Versailler Vertrag festgesetzten Grenzen Polens nicht anfechten zu wollen. Das bedeutete Abtretung des oberschlesischen Industriegebietes und des "polnischen Korridors", obwohl dieser Ostpreußen vom Reich trennte. Zu dieser Anerkennung waren selbst Brüning und der liberale Stresemann nie bereit gewesen. Ribbentrop hat einmal einen polnischen Diplomaten daraufhingewiesen, daß nur Hitler es dem deutschen Volk gegenüber wagen könne, ein solches Angebot zu machen. Als Gegenleistung wurde erwartet: Eine kreuzungsfreie Straße und Bahn nach Ostpreußen und Polens Zustimmung zur Rückkehr der "Freien Stadt Danzig" zum Reich. Polen sollte zudem in Danzig einen Freihafen erhalten außer dem Hafen Gdingen an der Korridorküste. - Das Ergebnis: Polen lehnte - von England in seiner Überheblichkeit unterstützt - die Vorschläge ab, weil es seine Versuche, Danzig zu annektieren, nicht aufgeben wollte. Die blutigen Verfolgungen Deutscher in Polen nahmen immer größere Maße an.
Es liegt kein Grund vor anzunehmen, daß Polen sich heute anders verhalten würde. Wer ohne zwingende Notwendigkeit und nur der Annahme wegen, damit Frieden stiften zu können, Polen große und wichtige Gebiete freiwillig zugestehen will, der muß damit rechnen, daß der so Beschenkte auch noch mehr schluckt.
Das ist keine leere Behauptung: mit gewagten geschichtlichen Konstruktionen hat Polen mehrfach seinen Anspruch auf das deutsche Territorium zwischen Elbe und Weichsel zu begründen versucht. So führt man dort den Namen der Stadt Lübeck auf slawisch "Luba" zurück, behauptet, Ostholstein sei einmal slawisch besiedelt gewesen und scheut sich nicht, polnische Rechte auf alle irgendwann einmal von nichtpolnischen Slawen bewohnten Räume zu konstruieren.
Nun zu der geflissentlich verbreiteten These, das sei alles unnötige Überlegung, weil Deutschland nie die verlorenen Gebiete wiedergewinnen könne.
Das ist nichts als eine bequeme Ausrede kurzsichtiger Defaitisten oder bewußter Saboteure der Wiedervereinigung. Die ungenutzten Möglichkeiten, die es seit 1945 gab, sind zwar bewußt sabotiert worden und durch sture Anti-Rußland-Politik westhöriger Kollaborateure wurden, insbesondere zur Adenauerzeit, alle Wege verbaut. Auch läuft die gegenwärtige SPD-Ostpolitik auf eine Betonierung der Gewaltgrenzen hinaus, so daß wiederum das Versagen bundesrepublikanischer Außenpolitik den Pessimisten Recht zu geben scheint. Jedoch bleibt die Weltgeschichte nicht stehen und Möglichkeiten werden im Wechsel der Weltpolitik kommen.
Gerade die Sturheit, mit der polnische Chauvinisten auf der Rettung ihres Landraubes bestehen und jeder Verhandlung darüber auszuweichen versuchen, zeigt, wie unsicher sie sich fühlen. Daß Polen begrüßenswerte Wirtschaftsabkommen mit der BRD schließt, bevor es die vorauszusehende Brandt-Kapitulation in der Tasche hat, beweist die Zwangsläufigkeit der Annäherung und die Unsinnigkeit und Unverantwortlichkeit territorialer Zugeständnisse an Polen, zu denen der teildeutsche Weststaat weder gezwungen noch überhaupt befugt ist. Daß das letzte Wort über Grenzen längst nicht gesprochen ist, zeigt eine Meldung aus exilpolnischen Kreisen in London (25.4.70), "daß Ostberlin trotz des Görlitzer Abkommens insgeheim nur auf den Augenblick warte, um in Moskau wegen der Oder-Neiße-Frage vorstellig zu werden, um eine Änderung zugunsten der DDR zu erreichen".
Ein anderes Beispiel: Die hierin unverdächtigen "Ruhr-Nachrichten" vom 17.3.1966 brachten eine russische Karte, wonach Chruschtschow "den größten Teil Hinterpommerns, fast das gesamte polnisch verwaltete Gebiet Brandenburgs und Teile Niederschlesiens" an die DDR zurückgeben wollte. Das war kurz vor seinem Sturz, zu dem die Bonner Politik viel beigetragen hat. Der Eifer Warschaus, die Gunst der Ära Brandt für sich zu nutzen, ist gewiß auch auf das Wissen zurückzuführen, daß nur die auf diesem Gebiet noch andauernde Nachkriegszeit ihm die Unterstützung Moskaus bietet. Änderungen der Weltsituation, die in der Luft liegen und bestimmt einmal eintreten werden, können historisch gegebene gegenseitige Streitpunkte wieder zu Bedeutung bringen.
Seit langer Zeit wird unser Volk an seinen Grenzen ständig zurück- und zusammengedrängt von Nachbarn, die weniger eng leben als wir.
Seit Hans Grimm das Wort vom "Volk ohne Raum" prägte, hat sich äußerlich einiges geändert, doch der Kern seiner Gedanken ist nach wie vor richtig. Ein Volk braucht ausreichend Raum, um wenigstens die notwendigsten Nahrungsmittel und den wichtigsten sonstigen Lebensbedarf selbst erzeugen zu können. Ohne das gibt es keine Freiheit. Da alle schönen Worte von internationalem Recht, Vereinten Nationen, Frieden und Völkerversöhnung aber bisher nur Redensarten sind, gilt der Satz immer noch. Deshalb hängt unsere Freiheit u.a. von der Erhaltung und Leistungsfähigkeit unserer Landwirtschaft ab. Sie hat Unerhörtes an Erzeugungssteigerung geleistet, wäre aber im Notfall in unserm verkleinerten Raum außerstande, genug Nahrungsmittel zu erzeugen. Über diese Tatsache täuscht heute die nicht gesicherte Möglichkeit unbegrenzter Einfuhr hinweg sowie die Übererzeugung einzelner Produkte als Folge eines fehlgeleiteten Anbau- und Erzeugungsprogramms.
Aber auch aus einem anderen Grund braucht unser Volk seine Ostgebiete:
Die Enge unseres Raumes zwingt uns, unser Land mehr und mehr zu einer Asphalt-, Beton- und Produktionswüste zu machen, in deren Hast und Gedrängtheit ein Volk nicht auf weite Sicht körperlich und geistig gesund bleiben kann. Wenn ein Volk größte Anstrengungen machen muß, seinen Boden nicht mit Chemikalien zu verseuchen, sein Wasser verwendbar zu halten, seine Abfälle zu beseitigen, seine Atemluft zu säubern, so wird das Leben problematisch.
Müssen diese Überlegungen nun dazu führen, daß die Zurückweisung der polnischen Annektionsabsichten zugleich die Vertreibung der in den deutschen Gebieten in deutschem Eigentum angesiedelten Polen bedeutet? So klar und so zäh, wie wir auf der Erhaltung unseres Lebensraumes zu bestehen haben, so großzügig können wir bei einer künftigen Gestaltung eines neuen Europa sein, dessen Mitte und Ausgangspunkt nur ein geeintes Deutschland sein kann. Nach einer Äußerung des CDU-MdB Stingl vom Juli 1966, die auch mit anderen Angaben übereinstimmt, sollen in den abgetrennten deutschen Ostgebieten 47 bis 120 Menschen auf dem qkm wohnen; in der BRD sind es 235 im Durchschnitt. Da dürfte man also ohne Sorge den so oft zitierten im Lande geborenen polnischen Kindern das angebliche Heimatrecht zugestehen, soweit sie bleiben wollen. Und wir werden wohl unser Besitzrecht beanspruchen dürfen, wenn zugleich der größte Teil der Welt den Israelis 2000 Jahre nach ihrer Vertreibung das Besitzrecht des Landes Israel zugesteht. Es mag auch sein, daß bis zu dem Zeitpunkt, an dem die beiden deutschen Teilstaaten sich werden zusammengefunden haben und die Frage der deutschen Ostgebiete tatsächlich akut wird, sich eine echte europäische Annäherung anbahnt, die manche heute kaum lösbar scheinende Frage lösbar macht. Wir können eine solche Entwicklung, die auf der gleichberechtigten Anerkennung der Volkstümer organisch aufbaut, begrüßen und fördern. Zu fürchten brauchen wir sie bei der kulturellen Kraft unseres Volkstums nicht.
Wie hat sich unter diesen Umständen eine von Ost- und Westabhängigkeiten freie deutsche Politik zu verhalten, die sich zur Vertretung der Belange des ganzen deutschen Volkes verpflichtet sieht?
Sie wird erkennen, daß die Wiederzusammenführung der beiden deutschen Teilstaaten (wobei der dritte deutsche Teilstaat; nämlich Österreich, vorerst außer Betracht bleibt) der Regelung der Ostgrenzen vorausgehen muß, weil nur das gesamte deutsche Volk, das z.Z. keine autorisierte Vertretung hat, gültige Entscheidungen dieser Art treffen kann. Die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Grenze durch die abhängige DDR oder die abhängige BRD bindet das deutsche Volk nicht. Wenn auch die Rückkehr abgetrennter Gebiete zur DDR vor einer Wiedervereinigung denkbar ist und von uns zu begrüßen wäre, so bleibt doch im ganzen der Satz richtig, daß der zweite Schritt nicht vor dem ersten getan werden kann. Andererseits haben wir uns für den "zweiten Schritt" alle Möglichkeiten offen zu halten. Aus den vorstehend angeführten Gründen sind alle Äußerungen unmöglich, die als Bereitschaft zum Verzicht auf lebenswichtige nationale Positionen aufgefaßt werden können oder gar diesen Verzicht aussprechen. Hier den kleinen Finger reichen, heißt das Spiel bereits verloren haben.
Mit einem klaren Bekenntnis zur Vertretung der nationalen Lebensbedingungen unseres Volkes müssen wir unser Bekenntnis zur Unabhängigkeit von Ost und West und zur gesamtdeutschen Verhandlungsbereitschaft nach allen Seiten verbinden.
Kampf ums Dasein bleibt Naturgesetz, nur die Mittel ändern sich. Darum müssen wir unsere Stellung als freie und ungeschmälerte Mitte Europas mit Klauen und Zähnen verteidigen. Wir haben die Kräfte des zur Zeit außerparlamentarischen Widerstandes gegen nationale Defaitisten und volksentwurzelte politische Geschäftemacher zu sammeln und sie unter Beiseitestellung trennender Nebensächlichkeiten auf die großen Lebensfragen unseres Volkes auszurichten.