Wenn jemand nach 30 Jahren immer noch kein Deutsch kann, bedeutet das nur eines, die Person hat niemals in Deutschland gearbeitet und hatte niemals Kontakte zu Deutschen. Was sehr typisch ist für kurdische Frauen, die nicht mal aus dem Haus dürfen und auch nicht arbeiten in solchen Fällen.
Mein Grossvater und Grossmutter können beide recht gut Deutsch und beide haben es bei der Arbeit in Deutschland gelernt, im Kontakt zu Deutschen. Deutschkurse gab es damals nicht.
Die Zeit zum Handeln jedesmal verpassen nennt ihr die Dinge sich entwickeln lassen.
Was hat sich denn entwickelt, sagt mir an, das man zur rechten Stunde nicht getan?
Emanuel Geibel
Das wissen wir nicht. Der Spiegel hat ja nichts recherchiert zu dem Artikel. So wie es aussieht, haben sie einfach aus den Gerichtsakten die Aussagen übernommen, ohne irgendetwas zu überprüfen.
Da sind viele offene Fragen. Mich würde es beispielsweise interessieren, ob die Familie überhaupt in die Türkei fährt, wenn nein, wieso nicht? Wenn nicht, würde ich mal nachhaken, werden sie gesucht in der Türkei und aus welchen Gründen? Aus welchen Gründen kamen sie nach Deutschland, wenn es die 80er Jahre waren, wo in der Zeit eine recht problematische Einwanderung stattfand. Und wieso kann die Frau kein Deutsch, hat sie jemals gearbeitet? Das sind die Fragen, die ich zuerst stellen würde.
Aber in Deutschland schmeisst man jedem den Pass hinterher.
Ich hab da mal ne Frage. In dem Artikel stand, sie sei Analphabetin. Wie stand es vor 55 Jahren (wenn ich mal davon ausgehe, dass das Einschulungsalter in der Türkei ebenfalls bei 6 Jahren liegt (lasse mich gern korrigieren)) mit der allgemeinen Schulpflicht für Jungen und Mädchen?
Der Nachteil des Himmels besteht darin, dass man die gewohnte Gesellschaft vermissen wird.
Mark Twain
User, die durch ihr schändliches Verhalten das Recht verloren haben, von mir beachtet zu werden: Praetorianer, Makkabäus, Nettaktivist, Gurkenglas,Xarrion,Trantor,Rolf1973
Den Wahn erkennt natürlich niemals, wer ihn selbst noch teilt. - Sigmund Freud
Das kann ich Dir sogar sehr genau sagen und verweise auf die Biographie des kurdischen Ultranationalisten Musa Anter (* 1920 in Eskimağara, Provinz Mardin; † 20. September 1992). Der türkische Staat hat sich laut Anter enorme Mühen gegeben und türkische Lehrer haben sehr grosses Engagement gezeigt, um Bildung im Südosten der Türkei überall zu verbreiten. Es gab damals die Schulpflicht, der türkische Staat hat sogar grossen Druck ausgeübt und war stark dahinter, dass jeder Schulbildung bekommt. Anter schreibt in seiner Biographie, dass seine Eltern ihn widerwillig in die Schule geschickt haben. Und als er 14 Jahre alt war, wollten ihn die Eltern von der Schule nehmen, sie sagten, es sei genug, er sollte stattdessen mit einer Cousine Zwangsverheiratet werden. Anter wollte aber weiter in die Schule gehen und erzählte es seinen Lehrern. Die Lehrer liessen türkische Soldaten in deren Haus schicken, es wurde ihnen gesagt, dass sie sich strafbar machen, wenn sie das Kind nicht weiter in die Schule schicken und die Eltern bekamen laut Anter Angst und er konnte daraufhin die Mittelschule und Liseum abschliessen. Später setzte er sich noch durch und studierte.
Jetzt stell Dir vor, Anter ist ein Junge gewesen. Bei Mädchen haben Kurden sich sehr vieles einfallen lassen, haben die Mädchen versteckt vor den Behörden und erst garnicht gemeldet. Sehr viele Kurdinnen haben übrigens das Geburtsdatum am 1.1. Der Grund ist schlicht und ergreifend, die geborenen Mädchen wurden nie den Behörden gemeldet, um sie nicht in die Schulen schicken zu müssen. Angemeldet wurden die Kinder dann oftmals im Pubertätsalter. Bei vielen von denen kennt man nicht mal das richtige Alter.
Ich hatte dazu mal Statistiken gepostet. Vor etwa 30 Jahren war bei Kurdinnen die Analphabetenrate bei über 90%(!) und bei kurdischen Männern zwischen 60-70%.
Mit Armut hat es nichts zu tun, warum soviele Kurden Analphabeten sind. Es sind kulturelle Gründe und bei Kurden herrscht die Angst, dass sie ihre kurdischen Stammeskulturen verlieren und die Kinder nicht mehr sich danach richten, wenn diese gebildet sind und aufgeklärt. Bei kurdischen Yeziden kommt noch hinzu, bei denen ist Lesen und Schreiben einzig den religiösen Führern vorbehalten gewesen, der Rest der Yeziden durften das Lesen und Schreiben nicht erlernen. Musa Anter kam übrigens aus einem relativ wohlhabenden Kurdenstamm und er ist Yezide.
Du musst Dich nicht grämen, dass aus der Türkei die türkischen Analphabeten kommen. Ich bin schon in einem Sprachkurs mit einer "Spätaussiedler"-Familie (Opa, Mutter, Vater, älterer Sohn, jüngerer Sohn) gesessen (zum Glück nicht lange), da konnte nur der 15jährige (jüngerer) Sohn halbwegs lesen und schreiben.
kol-ut-shan
Wir haben das beschriebene Problem aber auch heute noch im Südosten der Türkei. Zwar nicht so wie früher in der Zahl, aber auch heute noch werden hunderttausende kurdische Kinder nicht in die Schulen geschickt (auch nicht den Behörden gemeldet), trotz Schulpflicht und Schulgeld für die Kinder. Arme kurdische Familien bekommen neben dem Schulgeld, die Schuluniform, Hefte, Bücher und sogar die Stifte gestellt! Eine Zeit lang hatten wir das Problem, dass das Schulgeld einkassiert wurde, aber die Kinder nicht in die Schule geschickt wurden. Mittlerweile wird das besser kontrolliert.
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