Guten Morgen Leo Navis,


Rabenfeder: Der freie Wille ist auch unter den Bedingungen unseres Wahrnehmungsvermögens möglich, d.h. wir können widerspruchsfrei einen solchen annehmen; eine vollständige Determiniertheit kann hingegen aus unserer Perspektive niemals nachgewiesen werden. ...

Das ist wahr; angenommen werden aber kann beides; und nachgewiesen werden kann beides nicht, weil beides auf der Widerlegung des anderen basiert.

Du wärest dann im Recht, wenn ich der vollständigen Determiniertheit eine vollständige Freiheit des Willens gegenüberstellen würde.
Ein vollständiger oder absoluter freie Wille kann ebenso wenig nachgewiesen oder bestimmt werden, als eine vollständige Determiniertheit.
Der bedingt freie Wille, von dem ich ausgehe, kann jedoch unter Bedingungen durchaus bestimmt werden:

Wenn wir verantwortlich sind, dann müssen wir über einen freien Willen verfügen.


Und jetzt machen wir die Gegenprobe:

Wenn wir nicht verantwortlich sind, dann müssen wir vollständig determiniert sein.
(Noch klarer wird es, wenn Du umformulierst: Unter der Bedingung, dass wir unverantwortlich sind, müssen wir vollständig determiniert sein.)

Hier haben wir bereits einen Widerspruch begangen, denn wir bedingen das Unbedingte.
Wir können uns ja sicher sein, dass wir vollständige Determiniertheit nicht unter Bedingungen bestimmen können, da wir dazu eine unbedingte Perspektive aller Perspektiven annehmen müssen, die uns in unserer Bedingtheit nun und für alle Zeit verschlossen bleiben muss.

Unter den Bedingungen unserer Perspektive ist vollständige Determiniertheit also nicht denkbar oder möglich.
Ein bedingt freier Wille ist dies jedoch durchaus.

Ich erkenne nicht, auf welchem Wege Du dieser notwendigen perspektivischen Unschärfe entkommen willst.


wozu, wenn wir Moral auch auf etwas anderem basieren können außerhalb des freien Willens?

Worauf denn?
Auf die Selbstähnlichkeit unserer Perspektive mit der Perspektive aller Perspektiven?
Das Sein bin ich?


Ein System, das sich erklären lässt, ist nicht mehr frei.

Doch, allerdings nur unter Bedingungen.


Sind wir denn für die Lebensjahre, in denen wir keine Erinnerungen sammeln, Rechenschaft schuldig?

Da hast Du doch eine schöne Frage, an der Du Deine Fähigkeit, zu unter-scheiden, ausprobieren kannst.


Eben das versuche ich zu zeigen: Das es gar keinen Sinn ergibt, anzunehmen, dass wir aktiv werden können, weil wir dafür keine Anhaltspunkte in der Realität finden.

Wir haben doch weiter oben gesehen, dass wir unter den Bedingungen unseres Wahrnehmungsvermögens sehr wohl Anhaltspunkte für den freien Willen finden können, nicht jedoch für vollständige Determiniertheit.


Rabenfeder: Aber Logik ist doch niemals absolut!
Die gehorcht nämlich Bedingungen, wie Du ja selbst sagst.
Logik funktioniert nur unter Bedingungen (wenn, dann), im Absoluten macht sie keinen Sinn.

Natürlich macht sie das; wenn wir am Ende wieder am Anfang ankommen, ist sie absolut.

Logik gilt bedingt, nur unter Bedingungen macht sie Sinn.
Von Absolutheit keine Spur…



Gruss


Rabenfeder