+ Auf Thema antworten
Seite 3 von 3 ErsteErste 1 2 3
Zeige Ergebnis 21 bis 30 von 30

Thema: Ist der deutsche Liberalismus tot?

  1. #21
    Mitglied Benutzerbild von aphaean
    Registriert seit
    14.07.2003
    Ort
    australia
    Beiträge
    320

    Standard

    Erstens würde es mich interessieren, woran Du es festnagelst, daß das Bürgertum sich verstärkt aus dem Politikgeschehen zurückzöge. Wahr ist, daß die Massenparteien unter Mitgliedsarmut leiden.... aber da drängen sich mir zwei Fragen auf:

    1). Ist die hypothetische Rückzugsbewegung des sog. Bürgertums prägnanter als die der Restbevölkerung?

    2.) Sollte es eine dokumentierbare Politikdesinteresse geben - ist dies dann eine neue Entwicklung - oder schon eine die seit mehreren Jahrzehnten zu verzeichnen ist?

    *grins* Das ist (sinnfreies sowie linguistisches) Haarespalten *mitderkettensägeziel*.

    @ Delbrück - stimmt, nach längerem sinnieren bin ich zu dem Schluß gekommen: ich (oder wir) - kann dir deine freien Assoziationen nicht absprechen/verbieten. Dennoch sollte es mir erlaubt sein, eine differenziertere Darstellung des von Dir angesprochenen Themenkomplexes zu geben... oder?

    Aus purer Neugierde frage ich: neben der Tatsache, daß es einen Rückzug des gebildeten Bürgertums aus der Politik gab - welche Verknüpfungen siehst Du zwischen dem Geschehen heute - und dem des 19. Jahrhunderts?

    cheerio mates
    anna

    cheerio mates
    anna

  2. #22
    Mitglied Benutzerbild von pavement
    Registriert seit
    15.09.2003
    Ort
    Bayern
    Beiträge
    3.389

    Standard

    Fakt ist: Ich fühle mich derzeit an diese Entwicklung im 19. Jahrhundert erinnert.
    Fakt ist: Pavement wirft mir nun seit einigen Comments vor, damals wäre es anders gewesen als heute.
    ich "werfe" dir nur vor, dass mich die heutige entwicklung überhaupt nicht an die des 19. jahrhunderts entwickelt. bisher hast du mir auch noch nicht erklärt, warum ich mich daran erinnern sollte.

    2.) Sollte es eine dokumentierbare Politikdesinteresse geben - ist dies dann eine neue Entwicklung - oder schon eine die seit mehreren Jahrzehnten zu verzeichnen ist?
    die letzten paar jahre, würde ich sagen. es kommt etwas politikverdrossenheit auf, wenn man sieht, wie sich die spd anstellt und dann auch noch genau weiss, dass es die opposition eigentlich auch nicht besser machen kann.

    1). Ist die hypothetische Rückzugsbewegung des sog. Bürgertums prägnanter als die der Restbevölkerung?
    das würde ich eindeutig negativ beantworten. von der politik ziehen sich vor allem spd-mitglieder zurück, bei der union ist so gar ein leichter aufwärtstrend zu beobachten. und hauptsächlich werden die interessen des bürgertums durch die union vertreten(früher mal durch die fdp, aber seit westerwelle ist damit nichts mehr).
    Es ist ein hartes Wort und dennoch sag ichs, weil es Wahrheit ist: ich kann kein Volk mir denken, das zerrißner wäre, wie die Deutschen. Handwerker siehst du, aber keine Menschen, Denker, aber keine Menschen, Priester, aber keine Menschen, Herrn und Knechte, Jungen und gesetzte Leute, aber keine Menschen - ist das nicht, wie ein Schlachtfeld, wo Hände und Arme und alle Glieder zerstückelt untereinander liegen, indessen das vergoßne Lebensblut im Sande zerrinnt?

    Friedrich Hölderlin

  3. #23
    A.D. Benutzerbild von Siran
    Registriert seit
    19.04.2003
    Ort
    BW
    Beiträge
    4.765

    Standard

    Ich würde sowieso sagen, dass die Einteilung in Klassen, Bürgertum, Arbeiterschaft, etc. in unserer Zeit wesentlich weniger klar ist, als in früherer Zeit.
    Demokratie ist ein Verfahren, das garantiert, daß wir nicht besser regiert werden, als wir es verdienen.
    (George Bernard Shaw)

    Die Demokratie setzt die Vernunft des Volkes voraus, die sie erst hervorbringen soll.
    (Karl Jaspers)

    Wenn es morgens um sechs Uhr an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, daß es der Milchmann ist, dann weiß ich, daß ich in einer Demokratie lebe.
    (Winston Churchill)

  4. #24
    Mitglied Benutzerbild von pavement
    Registriert seit
    15.09.2003
    Ort
    Bayern
    Beiträge
    3.389

    Standard

    Ich würde sowieso sagen, dass die Einteilung in Klassen, Bürgertum, Arbeiterschaft, etc. in unserer Zeit wesentlich weniger klar ist, als in früherer Zeit.
    ganz klar. das verschwimmt alles. und die soziologie tut sich da auch recht schwer dabei, einteilungen zu finden.
    Es ist ein hartes Wort und dennoch sag ichs, weil es Wahrheit ist: ich kann kein Volk mir denken, das zerrißner wäre, wie die Deutschen. Handwerker siehst du, aber keine Menschen, Denker, aber keine Menschen, Priester, aber keine Menschen, Herrn und Knechte, Jungen und gesetzte Leute, aber keine Menschen - ist das nicht, wie ein Schlachtfeld, wo Hände und Arme und alle Glieder zerstückelt untereinander liegen, indessen das vergoßne Lebensblut im Sande zerrinnt?

    Friedrich Hölderlin

  5. #25
    Mitglied Benutzerbild von Delbrück
    Registriert seit
    20.09.2003
    Ort
    Bayern
    Beiträge
    763

    Standard

    Allein mit der Arbeiterschaft könnte die SPD sowieso keine Brötchen mehr verdienen. Man muss sich bewußt machen, dass der Anteil des Bügertums an der Gesamtbevölkerung um ein vielfaches höher ist, als noch im 19. Jahrhundert. Sie macht mittlerweile auch den Großteil der SPD-Mitglieder aus. Zwei andere wichtige Bevölkerungsgruppen des 19 Jahrhunderts sind annähernd bedeutungslos geworden: Der Adel und das Landvolk! Deshalb kann man das Bürgertum - die Majorität des deutschen Volkes - auch nicht vom aktuellen Trend ausnehmen.
    (Widerspiegelung meiner Meinung!)

    @alphaen: Parallelen zum 19. Jahrhundert sehe ich im wirtschaftlichen Aufschwung, ausgehend von einem bestimmten Zeitraum, dem TakeOff auf der einen, dem Wiederaufbau des zerstörten Deutschlands auf der anderen Seite. Außerdem im gesellschaftlichen Umbruch, von der Argrar- zur Industriegesellschaft auf der einen, von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft auf der anderen Seite.

    Zu 1) Das Bürgertum ist mittlerweile Träger der Gesellschaft, Arbeiterklasse und Landvolk sind eher unbedeutend. Also lässt sich der allgemeine Trend wohl leicht auf das Bürgertum übertragen. Im 19. Jahrhundert (bis zum Entstehen des Proletariats), war das Bürgertum neben dem herrschenden Adel, die einzige zeitweise politisch-aktive Bevölkerungsgruppe. Also war der damalige Trend gleichbedeutend mit dem Ausscheiden des Volkes aus der Politik.

    Zu 2) Auch ich bin der Meinung, dass diese Entwicklung im letzten Jahrzehnt einen enormen Sprung gemacht hat. Davor sehe ich in der Studenten- und der grünen Bewegung prägnante Gegensätze zur heutigen Situation.

    @pavement: Ich hoffe damit auch deine Frage beantwortet zu haben. Ist ja OK, dass du nicht meiner Meinung bist, aber lass letztere dann auch mal so stehen.

    mfG
    No sound. No substance. No light. No Dave.

  6. #26
    Mitglied Benutzerbild von Delbrück
    Registriert seit
    20.09.2003
    Ort
    Bayern
    Beiträge
    763

    Standard

    @pavement: Vielleicht liegt unser Meinungsunterschied auch in der unterschiedlichen Auffassung des Begriffs "Bürger" begründet?
    No sound. No substance. No light. No Dave.

  7. #27
    Mitglied Benutzerbild von pavement
    Registriert seit
    15.09.2003
    Ort
    Bayern
    Beiträge
    3.389

    Standard

    Allein mit der Arbeiterschaft könnte die SPD sowieso keine Brötchen mehr verdienen. Man muss sich bewußt machen, dass der Anteil des Bügertums an der Gesamtbevölkerung um ein vielfaches höher ist, als noch im 19. Jahrhundert. Sie macht mittlerweile auch den Großteil der SPD-Mitglieder aus. Zwei andere wichtige Bevölkerungsgruppen des 19 Jahrhunderts sind annähernd bedeutungslos geworden: Der Adel und das Landvolk! Deshalb kann man das Bürgertum - die Majorität des deutschen Volkes - auch nicht vom aktuellen Trend ausnehmen.
    (Widerspiegelung meiner Meinung!)
    in den klassischen parteien des bürgertums der brd, der cdu steigen jedoch die mitgliederzahlen - wenn auch nicht dramatisch.


    @pavement: Vielleicht liegt unser Meinungsunterschied auch in der unterschiedlichen Auffassung des Begriffs "Bürger" begründet?
    inwiefern? gibt es heutzutage überhaupt noch den bürger des 19. jahrhunderts oder ein analogon? ich wage es zu bezweifeln.


    ich halte es jedoch für unmöglich, die zustände der klassengesellschaft des 19. jahrhunderts auf die komplexe gesellschaft des beginnenden 21. jahrhunderts zu übertragen. da müsstest du schon mit statistiken kommen, um mich zu überzeugen.

    Allein mit der Arbeiterschaft könnte die SPD sowieso keine Brötchen mehr verdienen.
    allein mit dem bürgertum die cdu/csu auch nicht.


    Sie macht mittlerweile auch den Großteil der SPD-Mitglieder aus.
    ich bitte das anhand einer statistik zu bestätigen. in der spd sind immernoch überwiegend arbeiter und intilligenz - soweit man in deutschland davon sprechen kann - vertreten.

    Also lässt sich der allgemeine Trend wohl leicht auf das Bürgertum übertragen.
    scheinbar leicht, aber wohl eher weniger, siehe weiter oben. es hat einen grund, dass sich die soziologie so schwer tut, die gesellschaftlichen gruppen bestimmen zu können. im 19. jahrhundert war das ziemlich leicht(siehe die werke des herrn marx).
    Es ist ein hartes Wort und dennoch sag ichs, weil es Wahrheit ist: ich kann kein Volk mir denken, das zerrißner wäre, wie die Deutschen. Handwerker siehst du, aber keine Menschen, Denker, aber keine Menschen, Priester, aber keine Menschen, Herrn und Knechte, Jungen und gesetzte Leute, aber keine Menschen - ist das nicht, wie ein Schlachtfeld, wo Hände und Arme und alle Glieder zerstückelt untereinander liegen, indessen das vergoßne Lebensblut im Sande zerrinnt?

    Friedrich Hölderlin

  8. #28
    Mitglied Benutzerbild von Delbrück
    Registriert seit
    20.09.2003
    Ort
    Bayern
    Beiträge
    763

    Standard

    Dann hab ich ja den Nagel auf den Kopf getroffen!
    Du klammerst, so scheint es mir, Beamte und normale Angestellte von der Bezeichnung Bürgertum aus. Ich bin von einer wesentlich gröberen Differenzierung ausgegangen.

    gibt es heutzutage überhaupt noch den bürger des 19. jahrhunderts oder ein analogon?
    Das ist dieses Kleinklein, was mich in dieser bisherigen Diskussion aufregt... :baby:
    Gibt es noch den Arbeiter in Lumpen wie im 19. Jahrhundert (der deiner Ansicht nach die SPD wählt), gibt es den Bauern, der hinter seinem Ochsenpflug herschreitet (dann wahrscheinlich die BP wählt)?
    NEIN!!! Genauso gibt es also auch nicht mehr den Bürger in seiner städtischen Tracht, der als Kaufmann in Lübeck mit Kolonialwaren handelt...
    Aber der heutige Angestellte, Beamte und Selbständige ähnelt doch mehr dem "Bürger" (scheinbar ein Phänomen des 19. Jahrhunderts...) als irgendeiner anderen Gesellschaftsgruppe. Selbiges gilt für 75 % deiner ach so heiligen SPD-Wählerschaft!

    Wenn man deinen Richtlinien folgen würde, wären überhaupt keine epochenübergreifende Vergleiche mehr erlaubt und davon leben leider viele politische Diskussionen!
    No sound. No substance. No light. No Dave.

  9. #29
    Mitglied Benutzerbild von pavement
    Registriert seit
    15.09.2003
    Ort
    Bayern
    Beiträge
    3.389

    Standard

    Dann hab ich ja den Nagel auf den Kopf getroffen!
    Du klammerst, so scheint es mir, Beamte und normale Angestellte von der Bezeichnung Bürgertum aus. Ich bin von einer wesentlich gröberen Differenzierung ausgegangen.
    also ich denk mal, ich würde meinen vater nicht als bürger bezeichnen. aber auch nicht als angehöriger der arbeiterklasse.

    heutzutage kommst du halt mit groben differenzierungen nicht mehr weiter.

    Aber der heutige Angestellte, Beamte und Selbständige ähnelt doch mehr dem "Bürger" (scheinbar ein Phänomen des 19. Jahrhunderts...) als irgendeiner anderen Gesellschaftsgruppe. Selbiges gilt für 75 % deiner ach so heiligen SPD-Wählerschaft!
    der heutige mittelstand hat mindest genauso viel vom arbeiter wie vom bürger.

    Wenn man deinen Richtlinien folgen würde, wären überhaupt keine epochenübergreifende Vergleiche mehr erlaubt und davon leben leider viele politische Diskussionen!
    doch, sind schon noch erlaubt, aber du kannst nicht die gesellschaftlichen phänomen des 19. jahrhunderts auf die jetzt-zeit anwenden.


    außerdem sollte man bei solchen vergleichen differnziert fortgehn.

    frag doch mal jürgen habermas... der schlägt sich mit dem problem schon seit ein paar jährchen rum.
    Es ist ein hartes Wort und dennoch sag ichs, weil es Wahrheit ist: ich kann kein Volk mir denken, das zerrißner wäre, wie die Deutschen. Handwerker siehst du, aber keine Menschen, Denker, aber keine Menschen, Priester, aber keine Menschen, Herrn und Knechte, Jungen und gesetzte Leute, aber keine Menschen - ist das nicht, wie ein Schlachtfeld, wo Hände und Arme und alle Glieder zerstückelt untereinander liegen, indessen das vergoßne Lebensblut im Sande zerrinnt?

    Friedrich Hölderlin

+ Auf Thema antworten

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)

Nutzer die den Thread gelesen haben : 0

Du hast keine Berechtigung, um die Liste der Namen zu sehen.

Forumregeln

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •  
nach oben