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Thema: Die Geschichte des Dragoljub Milanović

  1. #1
    nouvelles à la main Benutzerbild von umananda
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    Standard Die Geschichte des Dragoljub Milanović

    Die Geschichte des Dragoljub Milanović



    Dragoljub Milanović



    Die Geschichte des Dragoljub Milanović ... ein kleines Büchlein von Peter Handke erzählt eine wahre Geschichte, die in Belgrad, zu der Zeit, als Nato-Bomber einen serbischen Radio - und Fernsehsender gezielt bombardierten und 16 Menschen den Tod fanden. Sie fand in einigen Zeitungen ihren Widerhall, aber irgendwie ist ein Mensch zwischen den Zeilen geraten. Man hat diesen Menschen einfach vergessen.

    Peter Handke erzählt die Geschichte auf seine Weise ...

    Klappentext:
    Es geschah am 23. April 1999 gegen zwei Uhr nachts, als Kampfflugzeuge der NATO das Gebäude des RTS, des Radio-Televizija Srbije, des serbischen Radio und Fernsehens, mit gezielten Bomben zerstörten und 16 Mitarbeiter den Tod fanden. Nicht unter den Toten war der Direktor des RTS, Dragoljub Milanovic. Er hatte das Haus nach einem arbeitsreichen Tag eine halbe Stunde vorher verlassen, um sich schlafen zu legen. Er wäre nicht auf den Gedanken gekommen, dass der Sender mitten in Belgrad ein Angriffsziel sein könnte; blauäugig oder nicht, aber so war es. Die spätere serbische Regierung sah das unter veränderten politischen Zielsetzungen anders und verurteilte Milanovic mit der Begründung, er hätte das gesamte Personal rechtzeitig evakuieren müssen, zu einer zehnjährigen Haftstrafe, die er seither in dem Gefängnis von Pozarevac absitzt.



    Selbstverständlich schließe ich mich jenen an, welche die sofortige Freilassung und Rehabilitierung von Dragoljub Milanović fordern, denn wie kann jemand für ein Verbrechen büßen, das andere begannen haben.


    Das Gebäude des RTS, des Radio-Televizija Srbije in Belgrad

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    Einer muss schließlich immer vor Gericht

    Was geschah am 23. April 1999 in Belgrad? Peter Handke erzählt seine Geschichte des Dragoljub Milanović, des ehemaligen Direktors der serbischen Radio- und Fernsehanstalt, der für eine Tat verurteilt wurde, die andere begangen haben.

    Von Thomas Strobl

    st die Schnecke zu bestrafen, wenn man ihr das Haus zertritt? Ist es ihre Schuld, wenn sie sich ausgerechnet an der Stelle aufhält, an welcher der Fuß seinen Primat einfordert? Und ändert es etwas, wenn dieser Fuß nicht irgendein Fuß ist, sondern der Fuß der Weltgeschichte? Oder bleibt nicht die Vorstellung absurd, dass die Schnecke für ihr zertretenes Haus zusätzlich zum Schaden auch noch bestraft werden müsse? Ja, ist eine Geschichte, die mit der Verurteilung und Bestrafung der Schnecke endet, nicht zwangsläufig eine Farce?

    In der „Geschichte des Dragoljub Milanović“ erzählt Peter Handke von einer solchen Farce. Da der Leser nicht dabei war und auch nicht alle Details kennen kann, des genauen Hergangs und des anschließenden Gerichtsprozesses, der Anweisungen, die vor dem Unglück gegeben und befolgt wurden, ist diese Geschichte eine Farce aus Peter Handkes Blickwinkel. Und sie bleibt es, bis man die letzte der siebenunddreißig Seiten zu Ende gelesen und sie einem allerersten Realitätscheck unterzogen hat. Man mag zu Peter Handke stehen, wie man will, speziell aufgrund seiner umstrittenen Haltung zu Serbien: Er ist nun einmal das „Nein“, das hinschaut, das sich mit einfachen Wahrheiten nicht zufriedengibt. Das zeichnet ihn aus.

    Seit neun Jahren ist er Häftling

    Kommen wir also zur Geschichte des Dragoljub Milanović, des ehemaligen Direktors von Radio-Televizija Srbije, kurz RTS, der serbischen Radio- und Fernsehanstalt. Er wurde verurteilt und ins Gefängnis gesteckt für eine Tat, die andere begangen haben: nämlich wir. Seit neun Jahren ist er Häftling in einem Gefängnis seines eigenen Landes, wegen der nächtlichen Bombardierung seiner Fernsehanstalt durch die Nato am 23. April 1999.

    Das Bombardement erfolgte mit chirurgischer Präzision, wie Handke in seiner Erzählung nicht müde wird zu betonen. Aber wenn man sich just an der Stelle aufhält, an der das Skalpell angesetzt wird, dann fließt Blut; daran ändert auch die allergrößte Präzision nichts. Dragoljub Milanović sei bis heute die einzige Person, die für die Ereignisse des Krieges der „Nordatlantischen Verteidigungsorganisation“ gegen Jugoslawien angeklagt und verurteilt wurde, erklärt uns Handke. Zu zehn Jahren Gefängnis.

    Bilanz: sechzehn Tote und eben so viele Verletzte

    Worin bestand sein Vergehen? Milanović und seine Angestellten haben in der betreffenden Nacht, in der sie ins Visier der Nato-Bomber gerieten, gesendet. Das machen Rundfunksender: Sie senden. Und staatliche Rundfunksender senden staatlich sanktionierte Bilder. In diesem Fall Bilder, die in den Augen der Nato-Kommandeure „Feind-Propaganda“ darstellten. Was in der Natur der Sache zu liegen scheint. Der bedrängte Staat funkt Durchhalteparolen, der andere will Aufgabe: Konflikt programmiert.

    So gerieten Milanović und seine Station in die Zielsucher der Nato. Bilanz: sechzehn Tote und eben so viele Verletzte. Milanović selbst überlebte. Dafür wurde er vor Gericht gestellt, denn, so Handke, einer müsse schließlich immer vor Gericht gestellt werden. Aber gab es da nicht diese Anweisung von der übergeordneten staatlichen Stelle, aus der unmissverständlich hervorging, dass der Sender zu evakuieren sei? Und hat Milanović nicht fahrlässig dagegen verstoßen und die Gefährdung seiner Mitarbeiter in Kauf genommen? Peter Handke scheint leichtfertig über dieses Faktum hinwegzugehen. Aber dann: Die Evakuierungs-Anweisung trägt weder Herkunftssignum noch Unterschrift, ist anonym. Eine Fälschung? Ein Beweisstück, auf dessen wackeligen Beinen der Gang ins Gefängnis angeordnet wurde? Handke ist skeptisch. Sein Leser wird es zunehmend auch. Daher hätte man dem armen Mann gewünscht, dass sich wenigstens eines der Gerichte, die ansonsten in derartigen Fällen um Zuständigkeit buhlen, für zuständig erklärt hätte, als sich Milanović an sie wandte: vergeblich.

    „Kann das wirklich wahr sein?“

    Peter Handke ist nicht der Erste, der die bizarre Geschichte des Dragoljub Milanović erzählt; die Publizistin Daniela Dahn widmete ihr schon früher ein Kapitel ihres Buches „Wehe dem Sieger!“, und die kanadische Rechtsanwältin Tiphaine Dickson kritisierte das Bombardement des Senders wie auch den anschließenden Gerichtsprozess gegen Milanović aus völkerrechtlicher und juristischer Perspektive. Aber Handke wäre nicht Handke, wenn er seiner Erzählung nicht einen spezifisch literarischen Dreh geben würde, mittels dessen das Geschehen gleichsam als Film vor dem geistigen Auge des Lesers abläuft und die geballte Paradoxie der Ereignisse sich eine Schneise in sein Gehirn schlägt: „Kann das wirklich wahr sein?“

    „Ich klage an“, schrieb Émile Zola 1898, zu einem Zeitpunkt, als die Öffentlichkeit noch nicht ahnen konnte, welche Abgründe sich hinter der Affäre Dreyfus verbargen. So weit geht Handke nicht, sondern gibt sich moderat: Er erzähle nur eine Geschichte, die Geschichte eines Unrechts. Und fügt hinzu: „Gott gebe es, nicht als Letzter.“ Ein Wunsch, dem wir uns anschließen.

    Peter Handke: „Die Geschichte des Dragoljub Milanović“. Verlag Jung und Jung, Salzburg / Wien 2011. 37 S., geb., 9,- Euro.
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    Es gibt Geschichten, die man weitererzählen sollte ... andere wiederum sollte man mit Verschwiegenheit belohnen. Die Geschichte des Dragoljub Milanović aber sollte uns zu denken geben.

    Servus umananda
    Geändert von umananda (07.09.2011 um 22:48 Uhr)


    Überzeugen ist unfruchtbar.

    Walter Benjamin
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  2. #2
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    Standard AW: Die Geschichte des Dragoljub Milanović

    Mein erster Eindruck...Zeitgeschichte, die unter die Haut geht...
    oder:
    Ein Buch, das man lesen sollte...

  3. #3
    nouvelles à la main Benutzerbild von umananda
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    Standard AW: Die Geschichte des Dragoljub Milanović

    Weitere Pressestimmen

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    Wiener Zeitung .... Ein kritischer Zwischenruf zu Peter Handkes neuer „Geschichte des Dragoljub Milanović”.
    „Unbestimmte Liebesfülle” Von Veronika Seyr


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    Servus umananda
    Geändert von umananda (08.09.2011 um 08:11 Uhr)


    Überzeugen ist unfruchtbar.

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  4. #4
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    Standard AW: Die Geschichte des Dragoljub Milanović

    Zitat Zitat von umananda Beitrag anzeigen
    Es gibt Geschichten, die man weitererzählen sollte ... andere wiederum sollte man mit Verschwiegenheit belohnen. Die Geschichte des Dragoljub Milanović aber sollte uns zu denken geben.

    Servus umananda
    @Umchen, sag uns doch lieber, was Dir die Geschichte zu denken gibt, als so altkluge Phrasen abzusondern.

  5. #5
    Vielfalt tut gut! Benutzerbild von Veteran
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    Standard AW: Die Geschichte des Dragoljub Milanović

    Zitat Zitat von umananda Beitrag anzeigen
    Selbstverständlich schließe ich mich jenen an, welche die sofortige Freilassung und Rehabilitierung von Dragoljub Milanović fordern, denn wie kann jemand für ein Verbrechen büßen, das andere begannen haben.
    Sein Verbrechen bestand darin, den Sender nicht geräumt zu haben. Dafür büßt er jetzt.

  6. #6
    nouvelles à la main Benutzerbild von umananda
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    Standard AW: Die Geschichte des Dragoljub Milanović

    Zitat Zitat von Veteran Beitrag anzeigen
    Sein Verbrechen bestand darin, den Sender nicht geräumt zu haben. Dafür büßt er jetzt.
    Dragoljub Milanović ist die einzige Person, die jemals wegen des NATO-Bombardements des Senders Radio-Televizija Srbije bei dem 16 Menschen starben vor Gericht gestellt und verurteilt worden.

    Aber vielleicht springst du über deinen Schatten und kaufst gegen deinen Gewohnheiten ein Buch ... es kostet nur 9 Euro und auch der Umfang dieses Büchlein sollte selbst für ungeübte Leser zu bewerkstelligen sein.

    Servus umananda
    Geändert von umananda (08.09.2011 um 21:58 Uhr)


    Überzeugen ist unfruchtbar.

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  7. #7
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    Standard AW: Die Geschichte des Dragoljub Milanović

    Zitat Zitat von umananda Beitrag anzeigen
    Dragoljub Milanović ist die einzige Person, die jemals wegen des NATO-Bombardements des Senders Radio-Televizija Srbije, bei dem 16 Menschen starben, vor Gericht gestellt und verurteilt wurde.

    Aber vielleicht springst du über deinen Schatten und kaufst gegen deinen Gewohnheiten ein Buch ... es kostet nur 9 Euro und auch der Umfang dieses Büchleins sollte selbst für ungeübte Leser zu bewerkstelligen sein.

    Servus umananda
    Der Trend zum 2.Buch soll ja ungebrochen sein...

  8. #8
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    Standard AW: Die Geschichte des Dragoljub Milanović

    Zitat Zitat von Senator74 Beitrag anzeigen
    Mein erster Eindruck...Zeitgeschichte, die unter die Haut geht...
    oder:
    Ein Buch, das man lesen sollte...
    Zitat Zitat von Senator74 Beitrag anzeigen
    Der Trend zum 2.Buch soll ja ungebrochen sein...

    Das Sekundierkartell live on stage
    Hast Du gar nichts Inhaltliches beizutragen?

    Zur Sache: Man hat einen Schuldigen gesucht und gefunden.
    Der Direktor des Senders hätte wissen müssen, dass Sender immer zu den ersten Zielen von Bombardements gehören. Ist in Libyen ja nicht anders.
    So geht diese Logik, wenn man Sündenböcke finden will.
    Wäre er nicht früher nach hause gegangen und gestorben, dann wäre er jetzt ein serbischer Held.

  9. #9
    nouvelles à la main Benutzerbild von umananda
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    Standard AW: Die Geschichte des Dragoljub Milanović

    Zitat Zitat von fatalist Beitrag anzeigen
    (...)
    Wäre er nicht früher nach hause gegangen und gestorben, dann wäre er jetzt ein serbischer Held.
    Nein, das heutige offizielle Serbien hat seine Helden schon längst aus den Augen verloren ... es trainiert den Hofknicks, um in Brüssel als Musterschüler einziehen zu dürfen. Dazu gehört auch diese Geschichte. Und mit Libyen hat das nichts zu tun ... diese Geschichte wird ganz anders geschrieben.

    Dragoljub Milanović ist ein Bauernopfer, um über das Ereignis, als die Nato über Belgrad eine einseitige Argumentation niederprasseln ließ, den Mantel des Schweigens legen zu können. Deshalb gibt es Menschen, die diese Geschichte nicht einfach unter den Teppich kehren.


    Servus umananda


    Überzeugen ist unfruchtbar.

    Walter Benjamin
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  10. #10
    GESPERRT
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    Standard AW: Die Geschichte des Dragoljub Milanović

    Ich habe gerade eine private Nachricht erhalten, kann aber dem Absender nicht antworten.

    Ich werde mir das Buch besorgen und im Strang kommentieren
    ab morgen habe ich dann 2 Wochen Urlaub und RUHE von Sticheleien
    wie du sie gern mal abschickst...
    Geht es vielleicht auch ohne??
    Gruß!
    Meine Antwort daher hier:


    Nein, es geht nicht ohne, Dein ständiges Sekundieren von Ummis und Maxvorstadts Beiträgen innerhalb von wenigen Minuten geht mir auf die Cojones.
    Und nicht nur mir...

    Du merkst nicht einmal, wie bescheuert dich deine ständigen Sekundierkomments erscheinen lassen.
    Armer Tor.


    Dem Absender wünsche ich gute Lektüre und ne schöne forenfreie Zeit

    Back to Topic:

    "Ummi" schreibt:
    Nein, das heutige offizielle Serbien hat seine Helden schon längst aus den Augen verloren ... es trainiert den Hofknicks, um in Brüssel als Musterschüler einziehen zu dürfen. dazu gehört auch diese Geschichte. Und mit Libyen hat das nichts zu tun ... diese Geschichte wird ganz anders geschrieben.

    Ok, ich nehm in Zukunft mehr Smileys :keks:

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