Die Wurzel des Zweiten Weltkrieges liegt weder im Jahr 1939 noch im Jahr 1933. Man muß den Ersten und Zweiten Weltkrieg zusammenhängend unter Würdigung der willkürlichen Beschlüsse des 'Versailler Diktatfriedens' betrachten. Denn die totale Verweigerung des deutschen Volkes gegen die aufgezwungenen Friedensregelungen lag keineswegs nur in der völkerrechtswidrigen territorialen Verstümmelung des Deutschen Reiches und der materiellen und finanziellen Ausbeutung des verbleibenden Rumpfstaates. Sie war vielmehr in der moralischen Diskriminierung des besiegten Volkes begründet, die sich in der Zwangsanerkennung der deutschen Alleinschuld am Kriegsausbruch (Art. 231) manifestierte. Diese Empörung zog sich gleichermaßen durch alle gesellschaftlichen, sozialen und politischen Strömungen und diente gleichsam als deren verbindendes Element. Folglich unternahmen die zahlreichen Reichsregierungen der 20er und 30er Jahre - gleich welcher Couleur - jeden denkbaren Versuch, als erstrangiges Ziel ihrer Außenpolitik die Ergebnisse von Versailles rückgängig zu machen.
So war sich auch Hitler der ungeteilten Zustimmung seines Volkes gewiß, als er im April 1939 vor der Welt verkündete: »Ich habe daher in diesen zurückliegenden sechseinhalb Jahren Tag und Nacht stets nur den einen Gedanken gelebt, die eigenen Kräfte meines Volkes angesichts der Verlassenheit von der ganzen übrigen Welt zu wecken, und ich habe weiter versucht jenen Vertrag Blatt für Blatt zu beseitigen, der in seinen 448 Artikeln die ärgste Vergewaltigung enthält, die jemals Völkern und Menschen zugemutet worden ist.«
Zur damaligen Zeit verwarfen weder der Kellog-Briand-Pakt noch das moderne Kriegsvölkerrecht den Krieg als Mittel der Verteidigung und Selbstbehauptung. Noch 1938 schrieb Churchill in einem offenen Brief an Hitler: »Sollte England in ein nationales Unglück kommen, das dem Unglück Deutschlands 1918 vergleichbar wäre, so werde ich Gott bitten, uns einen Mann zu senden von Ihrer [Hitlers] Kraft des Willens und des Geistes.«
Bis zu diesem Zeitpunkt wurden keine fremden Rechte verletzt, sondern das 20 Jahre zuvor verletzte Recht weitgehend wiederhergestellt: In den Grenzen des damaligen Großdeutschen Reiches befand sich kein Gebiet, das nicht seit ältesten Zeiten zu ihm gehört hatte. Die Befreiung und Wiedereingliederung deutsch besiedelter Gebiete erfolgte in strikter Übereinstimmung und Erfüllung des völkerrechtlich apostulierten Rechts auf freie Selbstbestimmung, das 1919/20 leichtfertig verwehrt wurde. Wenngleich mit dem Abschluß der dreiwöchigen Strafexpedition gegen Westpolen die außenpolitische Revisionspolitik als abgeschlossen galt und die deutsche Vorbedingung zur friedlichen Neuordnung Mitteleuropas somit erfüllt war, bleibt die Frage unbeantwortet, warum England und Frankreich mit ihren überhasteten Kriegserklärungen den bilateralen Grenzkonflikt zwischen Polen und Deutschland in einen furchtbaren Weltkrieg ausarten ließen.
Wenn man der Geschichtsschreibung Glauben schenkt, hat Hitler mit dem "Überfall" auf Polen die britische Politik der bereitwilligen Beschwichtigung (Appeasement) überreizt. Für die Wiederherstellung von Frieden und Freiheit des polnischen Volkes erklärte das britische Empire - mit Rückendeckung Frankreichs - dem Deutschen Reich kurzerhand den Krieg; tatsächliche militärische Kriegshandlungen zur Verwirklichung dieses Ziels folgten dann aber nicht. Allein dies versieht die proklamierte Kriegsabsicht der Westalliierten mit einem Fragezeichen.
Noch fraglicher wurde diese, als wenige Wochen später Stalins Truppen in Ostpolen einfielen und das Land besetzen. Hätte Großbritannien der eigenen Aussage folgend nicht auch dem Sowjetimperium den Krieg erklären müssen? Daß es dies tatsächlich nicht tat, offenbart, daß England und Frankreich gar nicht Polen retten als vielmehr Deutschland vernichten wollten.
Das eigentliche Schicksal Polens war zweitrangig. Einzig wichtig war, daß Hitlers außenpolitische Revisions- und Ordnungspolitik zu einem Mißerfolg wurde; eine Kriegsursache mußte gefunden werden, um den aufstrebenden Rivalen im Herzen Europas wie bereits 1914-1918 zu vernichten. Polens Großmachtstreben kam sehr gelegen, und als Hitlers Forderungen nach Volksabstimmungen in polnisch besetzen Landstrichen die Frage der territorialen Integrität des Landes in Frage stellen, wußte man dieses geschickt zu nutzen: Um einen bilateralen Verhandlungsfrieden zu verhindern, gab Großbritannien Polen eine einseitige, unbedingte Garantie. Mit Hilfe derer schwand auf polnischer Seite plötzlich jegliche Bereitschaft, zu einer einvernehmlichen Lösung mit Deustchland zu kommen.
Dieser Vorgang ist einmalig in der Geschichte: Die Entscheidung über Krieg und Frieden der britischen Nation lag in den Händen Polens! Und Polen ging mit dieser Verantwortung sehr "großzügig" um. Anstatt den üblichen Weg der Diplomatie zu beschreiten, verweigerte sich Polen jeglicher Vernunft und stellte gar selbst unannehmbare Forderungen. Der Zusammenprall war unvermeidbar, und Hitlers großes Versagen bestand in der Fehleinschätzung über den entschlossenen Kriegswillen der Westalliierten.