Die Krise hat Deutschland getroffen und das Bürgertum setzt seine häßlichste Fratze auf:
Sozialdarwinismus, Fremdenfeindlichkeit und die Ablehnung der Demokratie
"Deutsche Zustände", so heißt die von Wissenschaftlern unter Leitung des Bielefelder Soziologen Wilhelm Heitmeyer erstellte große interdisziplinäre Langzeitstudie, die in diesem Monat in ihrer neunten Auflage veröffentlicht wurde.
Was Heitmeyer und seine Kollegen über die Befindlichkeiten der Deutschen herausfanden, ist im höchsten Maße alarmierend.
Mehr als die Hälfte aller Deutschen fühlt sich ökonomisch bedroht und kanalisiert diese Bedrohung auf zwei Bevölkerungsgruppen - Ausländer und Langzeitarbeitslose.
Diese Erkenntnisse sind isoliert betrachtet weder neu, noch sonderlich originell.
Die besondere Wirkmacht der Studie geht eher von der Erkenntnis aus, daß fremdenfeindliche und sozialdarwinistische Vorurteile beileibe keine Besonderheit "bildungsferner Schichten" sind, sondern - ganz im Gegenteil - vor allem in den Kreisen des wohlsituierten Bildungsbürgertums rapide zunehmen.
Die Studienmacher kleiden die Ergebnisse der Studie folgerichtig in düstere Sätze:
So ist von einer "deutlichen Vereisung des sozialen Klimas", von einer "rohen Bürgerlichkeit", und von einem "zunehmenden Klassenkampf von oben" die Rede. "Zivilisierte, tolerante, differenzierte Einstellungen in höheren Einkommensgruppen scheinen sich in unzivilisierte, intolerante Einstellungen zu wandeln" - es gäbe Hinweise auf eine "entsicherte wie entkultivierte Bürgerlichkeit", so die Wissenschaftler.
Diese Eindrücke lassen sich empirisch untermauern, wenn man sich nur einmal die Leserkommentare in diversen Foren großer Zeitungen und Zeitschriften durchliest. Deutschland scheint sich zu entsolidarisieren, der Gegenwind wird immer kälter und kommt von oben.
(...)