Zitat von
GSch
Teurer Freund, wenn man deine Logik auf die katholische Kirche anwenden würde, dann wäre der Laden längst vernagelt. Diese Organisation versteht sich grundsätzlich als unabhängig vom Staat, ihm sogar übergeordnet. Grundsätzlich fühlt sie sich nicht verpflichtet, sich einem staatlichen Rechtsrahmen unterzuordnen (lies mal was über den "Kulturkampf" zu Bismarcks Zeit). Sie tut es in der Regel, aber mehr aus Zweckmäßigkeit. Aus diesen Gründen war es ihr ja nach 1870 so furchtbar wichtig, als ebenbürtige politische Einheit anerkannt zu werden, und sie gab keine Ruhe, bis sie es 1929 mit den Lateranverträgen und der Schaffung des Vatikanstaates wieder wurde.
Die Länder, in denen die katholische Kirche lange Zeit die dominierende Macht war (wie Spanien, Italien, Russland vor der Revolution, Griechenland teilweise noch heute), zeichneten sich während dieser Zeit nie durch Toleranz und Achtung der Menschenrechte aus, eher im Gegenteil. Friedliche Koexistenz mit Protestanten, Juden oder Muslimen stand nicht auf der Speisekarte. Bürgerliche Freiheiten mussten in aller Regel auch gegen die Kirche erkämpft werden.
Spanien war während der muslimischen Herrschaft der Mauren im Wesentlichen durch Koexistenz geprägt. Christen und Juden genossen viele Freiheiten. (Nein, auch nicht immer, aber doch meistens.) Mit der Reconquista war damit Feierabend. Die (tatsächlich oder angeblich) Verfolgten wurden zu Verfolgern, so bald sich die Möglichkeit ergab. Na ja, eine alte Geschichte, schon unter Kaiser Konstantin war es ähnlich.
Dafür gäbe es zahlreiche weitere Beispiele quer durchs Geschichtsbuch (Investiturstreit, Kreuzzüge, 30jähriger Krieg, Inquisition, ...).
Was folgt daraus für den Staat? Gar nichts. So lange sich die katholische Kirche gesetzestreu verhält, spielen alle diese Erwägungen überhaupt keine Rolle. Der Staat bestraft keine Ideologien oder Vermutungen, sondern gesetzwidrige Handlungen.