AW: Die vergessene Architectura Navalis
So, jetzt fehlt noch der Holk oder Hulk, dann ist die Einleitung abgeschlossen.
Das Bisherige waren eben die wichtigsten schiffbauhistorischen Eckdaten, dokumentiert anhand original erhaltener Schiffe. Mangels eines Holkfundes muss ich hier aber etwas improvisieren und die typische Holk-Beplankung anhand dieses formschönen Manufactum-Angebots demonstrieren :-)
Voilà! Ein sogenannter Sussex-trug:
http://images.manufactum.de/manufact...il/83502_1.jpg
Man muß sich den Henkel einmal wegdenken und sich ganz auf die "Planken" konzentrieren. Diese enden hier nicht wie üblich in den Steven sondern verlaufen fast parallel zu diesen (bzw. einer zum Steven ausgeformten massiven Kielplanke) nach oben, wo sie stumpf abgeschnitten durch ein "Dollbord" zusammengehalten werden. Diese spezielle Konstruktionsweise erlaubt eine fast beliebige Schiffsbreite, was besonders bei Lastschiffen von Vorteil ist. Es ist wohl anzunehmen, daß Fahrzeuge dieser Konstruktion anfangs primär in der Binnenschiffahrt eingesetzt wurden, denn besonders hochseetauglich wirkt dieser Korb nicht gerade :-)
Komisch, wenn ich bei Google die Stadt Hulkesmouth eingebe, erscheint das hier:
http://www.filmdrunk.com//ul/1923-HulkMouth.jpg
Diese Grünen sind doch wirklich überall :-( Ich versuch´s nochmal...
http://www.coins-of-the-uk.co.uk/pic...4/10s/e4ry.jpg
Das ist jetzt ein sogenannter Rosenoble aus der Regierungszeit Edwards IV. Die Planken sind genau wie bei diesem Korb stumpf abgeschnitten und enden nicht im Steven, sondern streben parallel zu diesem nach oben, wo dann die Kastelle den nötigen Zusammenhalt garantieren >&-)
http://www.rolf-baerenfaenger.de/holk01.jpg
Das Stadtsiegel New Shorehams von 1295 mit typischem Hulk.
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Was ist denn mit diesen runden Booten mit Lederbespannung? Wohl aus Irland oder Schottland. Angeblich sind damit die ersten Missionare über die Nordsee gekommen. Diese verdammten Penner.
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Zitat:
Zitat von
Geronimo
Was ist denn mit diesen runden Booten mit Lederbespannung? Wohl aus Irland oder Schottland. Angeblich sind damit die ersten Missionare über die Nordsee gekommen. Diese verdammten Penner.
Das waren Curraghs oder Coracles und dieser Missionar hieß St Brendan oder so. Die Dinger gibt´s heute noch für Angler, aber aus dem Bootsstadium sind die nie herausgekommen, weshalb ich sie hier unterschlage :-)
Ach nee, du meinst diesen Missionar, der unsere schöne Donars-Eiche gefällt hat? Ja, dieser Mistkerl hat hier viel durcheinandergebracht :-(
AW: Die vergessene Architectura Navalis
Eine englische Kogge namens 'Mary Fortuna' des Jahres 1300. Man sieht im Vergleich zu dem venezianischen Schiff 100 Jahre früher, daß die Kampfplattformen oder Kastelle mehr in den Schiffskörper integriert sind, 'verwachsen', statt wie behelfsmäßig auf Pfosten draufgestellt worden zu sein.
Diese frühen Schiffe wurden nicht nach Plänen gebaut, sondern frei schnauze nach den Erfahrungen der Baumeister, daher auch die uneinheitliche Gestaltgebung und die Schwierigkeit, im nachhinein Kategorien oder Gattungsnamen wie 'Kogge', 'Hulk', 'Karacke', 'Karavelle' dafür zu finden. Der portugiesische Nao - der auch wieder eine Art hochseefähige Karavelle oder Karacke ist, heißt auf deutsch einfach nur 'Schiff'.
Länge 26m
Breite 6,67m
Tiefgang 2,95m
Verdrängung 132 to
http://www.imgbox.de/users/Cetric/HP...gge_1300AD.jpg
Nun ein Bild, wie man sich eine spanische Karacke des späten 15. Jahrhunderts vorstellt. Genauer gesagt handelt es sich hier um die berühmte 'Santa Maria', gebaut 1480 in Santander, das Flaggschiff von Cristobal Colon (=Kolumbus) auf seiner ersten Atlantik-Durchsegelung, Landung auf Hispanola (Haiti/Dom.Rep.).
Dieses Schiff wird auch zu den Karavellen gezählt, wie auch die Begleitschiffe Pinta und Nina, obwohl sie äußerlich äußerst verschieden sind, auch von der Größe und Besegelung her.
Länge 23,6m
Breite 7,92m
Tiefgang 2,10m
Verdrängung 51,3 to
Bewaffnung 4 Bombardellen 90mm, Kolubrinen unbekannter Zahl 50mm.
[IMG]http://www.bilderhost.eu/images-i5076b35nhf.jpg[/IMG]
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Aus Chapmans Buch eine Algerische Schebecke, ein äußerst schnittiges Schiff, das in den Nordafrikanischen Barbaresken-Ländern entwickelt worden ist zum Schrecken der christlichen Seefahrt (denn die Musels an der algerischen-marokkanischen Küste waren berüchtigte Piraten und Sklavenhändler über Jahrhunderte hinweg):
Länge über Steven 130 1/3 Fuß
Breite auf Spant 25 1/4 Fuß
Tiefgang 9 2/3 Fuß
28 Kanonen: 16x 6-Pfünder auf dem Hauptdeck, 4x 12-Pfünder auf der Back, 8x 3-Pfünder auf der Schanze. Dazu 30 Donnerbüchsen. Konnte auch bei Windstille mit 9 Riemenpaaren vorangetrieben werden.
A = Querschnitt im Bereich der Kajüte
B = Querschnitt hinter dem Fockmast
C = Querschnitt im Hauptspant
[IMG]http://www.bilderhost.eu/images-i5077bkj8og.jpg[/IMG]
Das Schiff auf der unteren Bildhälfte ist eine Maltesische Galeere (Der Malteser Ritterorden war gewissermaßen der Gegenspieler der Barbaresken und unterhielt dazu eine eigene Flotte),
Länge über Steven 184 Fuß
Breite auf Spant 24 5/6 Fuß
Tiefgang 8 1/2 Fuß
5 Kanonen, davon 2x 8-Pfünder auf dem Deck, 2x 6-Pfünder auf dem Deck, 1x 36-Pfünder auf der Back (sicher als Jagdgeschütz nach vorn gerichtet wie bei Galeeren üblich). ordentlich Wumms, wenn man damit trifft...
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Zitat:
Zitat von
Cetric
Eine englische Kogge namens 'Mary Fortuna' des Jahres 1300. Man sieht im Vergleich zu dem venezianischen Schiff 100 Jahre früher, daß die Kampfplattformen oder Kastelle mehr in den Schiffskörper integriert sind, 'verwachsen', statt wie behelfsmäßig auf Pfosten draufgestellt worden zu sein.
Diese frühen Schiffe wurden nicht nach Plänen gebaut, sondern frei schnauze nach den Erfahrungen der Baumeister, daher auch die uneinheitliche Gestaltgebung und die Schwierigkeit, im nachhinein Kategorien oder Gattungsnamen wie 'Kogge', 'Hulk', 'Karacke', 'Karavelle' dafür zu finden. Der portugiesische Nao - der auch wieder eine Art hochseefähige Karavelle oder Karacke ist, heißt auf deutsch einfach nur 'Schiff'.
Länge 26m
Breite 6,67m
Tiefgang 2,95m
Verdrängung 132 to
Gibt es zu dieser "englischen Kogge" irgendeine Quellenangabe? Ich bin ja der Meinung, daß es englische Koggen nie gegeben hat. Entweder waren das Nefs, Keels (undefinierbarer Schiffstyp) oder aber Hulks, die um 1300 und auch später englische Gewässer befuhren. Zudem zeigt dein Bildbeispiel einige Unstimmigkeiten. Vor allem das Vorschiff ähnelt eher einem späteren Holk, wenngleich der Plankenverlauf untypisch ist.
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Zitat:
Zitat von
Cetric
Aus Chapmans Buch eine Algerische Schebecke, ein äußerst schnittiges Schiff, das in den Nordafrikanischen Barbaresken-Ländern entwickelt worden ist zum Schrecken der christlichen Seefahrt (denn die Musels an der algerischen-marokkanischen Küste waren berüchtigte Piraten und Sklavenhändler über Jahrhunderte hinweg):
Länge über Steven 130 1/3 Fuß
Breite auf Spant 25 1/4 Fuß
Tiefgang 9 2/3 Fuß
28 Kanonen: 16x 6-Pfünder auf dem Hauptdeck, 4x 12-Pfünder auf der Back, 8x 3-Pfünder auf der Schanze. Dazu 30 Donnerbüchsen. Konnte auch bei Windstille mit 9 Riemenpaaren vorangetrieben werden.
A = Querschnitt im Bereich der Kajüte
B = Querschnitt hinter dem Fockmast
C = Querschnitt im Hauptspant
[IMG]
http://www.bilderhost.eu/images-i5077bkj8og.jpg[/IMG]
Das Schiff auf der unteren Bildhälfte ist eine Maltesische Galeere (Der Malteser Ritterorden war gewissermaßen der Gegenspieler der Barbaresken und unterhielt dazu eine eigene Flotte),
Länge über Steven 184 Fuß
Breite auf Spant 24 5/6 Fuß
Tiefgang 8 1/2 Fuß
5 Kanonen, davon 2x 8-Pfünder auf dem Deck, 2x 6-Pfünder auf dem Deck, 1x 36-Pfünder auf der Back (sicher als Jagdgeschütz nach vorn gerichtet wie bei Galeeren üblich). ordentlich Wumms, wenn man damit trifft...
So ne Art Schebecken gab´s auch in der Ostsee. Hier der Originalplan eines preussischen Küstenwachtschiffes von ca. 1790. Die seltene Zeichnung wurde erst vor wenigen Jahren entdeckt. Sie gilt als der älteste erhaltene Entwurf eines deutschen Seeschiffes überhaupt.
http://files.homepagemodules.de/b450...244p1440n2.jpg
AW: Die vergessene Architectura Navalis
Na Mensch! Ich hab's zwar mehr mit den stählernen Kriegsschiffen ab dem späten 19. Jahrhundert, aber trotzdem bin ich froh, diesen ebenso interessanten wie unterhaltsamen und sogar lehrreichen Strang doch noch entdeckt zu haben!
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Moin, Heifüsch!
Ein ganz toller Strang, den ich mir als Enkel zweier Hamburger Schiffbauerfamilien besonders gerne betrachte:
Weitermachen so; leider habe ich nicht genug grüne Punkte....
Besten Gruß und Ahoi,
KuK
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Zitat:
Zitat von
OneDownOne2Go
Na Mensch! Ich hab's zwar mehr mit den stählernen Kriegsschiffen ab dem späten 19. Jahrhundert, aber trotzdem bin ich froh, diesen ebenso interessanten wie unterhaltsamen und sogar lehrreichen Strang doch noch entdeckt zu haben!
Bis zum Dreadnought kann ich mich in gewisser Weise auch für dein Interessensgebiet begeistern. Nur sind diese ollen Holzkisten immer noch etwas attraktiver für meine unverbesserlich romantische Seele :-)
Aber so´n nettes Feedback ist doch ein Anreiz, hier weiterzumachen. Thanks for watching >8-)=