AW: Die vergessene Architectura Navalis
Ein sagenhaft guter Strang und ich hänge mit den Augen an jedem Neu-Eintrag,
KuK
AW: Die vergessene Architectura Navalis
Zitat:
Zitat von
KuK
Ein sagenhaft guter Strang und ich hänge mit den Augen an jedem Neu-Eintrag,
KuK
Danke, freut mich :-)
Einen Beitrag mach ich noch. Erst mal das Bild, der Rest folgt...
http://upload.wikimedia.org/wikipedi...ahreraltar.jpg
Hier ein Epitaph vom Lübecker Bergenfahrer-Altar von 1489. Die breiten Planken weisen eher auf einen Klinkerbau hin als auf einen "Kraweel", wie krawelgebaute (oder kraweelgebaute) Schiffe dieser Art damals auch genannt wurden. Typologisch korrekt isses immer noch ein Holk mit Tendenz zur Karacke (oder Karracke), auch wenn dieser bereits vier Masten aufweist. Die Kastelle sind hier schon so weit mit dem Rumpf verwachsen, daß sich eine gewisse harmonische Einheit ergibt. Zudem sind diese bereits mit anzunehmenderweise kleinkalibrigen Kammerstücken (Hinterladern) bestückt.
AW: Die vergessene Architectura Navalis
Moin, Heifüsch!
Zitat:
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Heifüsch
Danke, freut mich :-)
Einen Beitrag mach ich noch. Erst mal das Bild, der Rest folgt...
http://upload.wikimedia.org/wikipedi...ahreraltar.jpg
Hier ein Epitaph vom Lübecker Bergenfahrer-Altar von 1489. Die breiten Planken weisen eher auf einen Klinkerbau hin als auf einen "Kraweel", wie krawelgebaute (oder krawe
elgebaute) Schiffe dieser Art damals auch genannt wurden. Typologisch korrekt isses immer noch ein Holk mit Tendenz zur Karacke (oder Kar
racke), auch wenn dieser bereits vier Masten aufweist. Die Kastelle sind hier schon so weit mit dem Rumpf verwachsen, daß sich eine gewisse harmonische Einheit ergibt. Zudem sind diese bereits mit anzunehmenderweise kleinkalibrigen Kammerstücken (Hinterladern) bestückt.
Ich widerspreche dem Marine -Guru nur ungern, aber die Darstellung mit 16 "gonnes" auf einer Schiffseite erscheint mir bei diesem kleinen Schiffstyp als eine "künstlerische Übertreibung". Die damaligen Schiffskanonen hatten ein Kaliber von 40 mm bis etwa 80 mm und waren m.E. niemals Hinterladerwaffen, da das Seewasser solchen komplizierten Konstruktionen zu stark zugesetzt hätte. "Kammerstücke" sind außerdem Vorderlader, an deren großkalibrigenm "Flug" (Kugelführung) sich eine im Kaliber kleinere "Kammer" (daher der Name) für die Pulveraufnahme anschließt, damit das Ladungsraumstück stärker bleibt. Diese Konstruktion hätte aber zweigeteilte Ladestöcke erforderlich gemacht und Stückmeister-Bedienung, die man auf solchen Schiffen nicht annehmen konnte (Kosten). Bei Seegang wäre ein Laden von Kammergeschützen eh nicht möglich. Selbst die Verwendung von "sciopettos" ginge auf See nicht praktisch zu realisieren...
Verzeih' mir meine ketzerischen Bemerkungen,
KuK
der's ja nun mal mit der Artillerie so hat....
AW: Die vergessene Architectura Navalis
Zitat:
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KuK
Moin, Heifüsch!
Ich widerspreche dem Marine -Guru nur ungern, aber die Darstellung mit 16 "gonnes" auf einer Schiffseite erscheint mir bei diesem kleinen Schiffstyp als eine "künstlerische Übertreibung". Die damaligen Schiffskanonen hatten ein Kaliber von 40 mm bis etwa 80 mm und waren m.E. niemals Hinterladerwaffen, da das Seewasser solchen komplizierten Konstruktionen zu stark zugesetzt hätte. "Kammerstücke" sind außerdem Vorderlader, an deren großkalibrigenm "Flug" (Kugelführung) sich eine im Kaliber kleinere "Kammer" (daher der Name) für die Pulveraufnahme anschließt, damit das Ladungsraumstück stärker bleibt. Diese Konstruktion hätte aber zweigeteilte Ladestöcke erforderlich gemacht und Stückmeister-Bedienung, die man auf solchen Schiffen nicht annehmen konnte (Kosten). Bei Seegang wäre ein Laden von Kammergeschützen eh nicht möglich. Selbst die Verwendung von "sciopettos" ginge auf See nicht praktisch zu realisieren...
Verzeih' mir meine ketzerischen Bemerkungen,
KuK
der's ja nun mal mit der Artillerie so hat....
Also weeßte! >:-))
Ich meinte dieses Teil hier: Ein dezidiert als Kammergeschütz ausgewiesener französischer Hinterlader von 1410. Mehr dazu morgen... :-)
http://upload.wikimedia.org/wikipedi...1410France.jpg
AW: Die vergessene Architectura Navalis
Ich glaube man nennt diesen Geschütztyp ein Falconett, richtig? Die waren auf einer Drehbasse auf der Reling montiert und daher schwenkbar.
AW: Die vergessene Architectura Navalis
Mal was anderes:
Die Royal Louise, die auf der Pfaueninsel überwintert. Vor malerischer Kulisse mit Schinkels Casino und der Glienicker Brücke:
http://www.royal-louise.de/tl_files/...kerBruecke.jpg
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde es auf Anordnung des Alliierten Kontrollrats auf Grund seines schlechten Zustandes vernichtet.
http://de.wikipedia.org/wiki/Royal_L...gattenschuppen
AW: Die vergessene Architectura Navalis
Moin, Cetric!
Zitat:
Zitat von
Cetric
Ich glaube man nennt diesen Geschütztyp ein Falconett, richtig? Die waren auf einer Drehbasse auf der Reling montiert und daher schwenkbar.
Ein Falkonett war die nicht genormte Bezeichung des kleinsten Feldgeschützess von etwa 50mm Kaliber oder 4 Pfd. Geschoßgewicht vor Einführung der Kalibernormalisierung durch Maximilian I. Es waren immer lange schlanke Rohre, auch als sehr selten ausgeführte Hinterlader:
https://encrypted-tbn1.gstatic.com/i...55HpiQSJsJEcYL
Eine "Drehbasse" (Dreh-Büchse) hingegen ist bereits das Kleingeschütz mit Richthaken, das auf einer Pivotlafette entweder an der Reling oder im Krähennest wirken konnte.
Besten Gruß,
KuK
AW: Die vergessene Architectura Navalis
Zitat:
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Leif
Mal was anderes:
Die Royal Louise, die auf der Pfaueninsel überwintert. Vor malerischer Kulisse mit Schinkels Casino und der Glienicker Brücke:
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde es auf Anordnung des Alliierten Kontrollrats auf Grund seines schlechten Zustandes vernichtet.
http://de.wikipedia.org/wiki/Royal_L...gattenschuppen
Ein hübsches Bild :-) Leider isses nur ein schwimmfähiges Großmodell einer Fregatte im Maßstab 1:3. Aber für eine echte Fregatte wären die Berliner Gewässer auch nicht geeignet.
Ich hatte den Bau in einer Köpenicker Werft zeitweise verfolgt, was allerdings nicht nur anregend war, da dieses Schiff natürlich nicht in der traditionellen Bauweise entstand. Nur die äußere Optik sollte dem Original einigermaßen nahekommen, nicht aber die Innereien oder das Deck. Es wirkt auch etwas befremdlich, die maßstäblich über fünf Meter große Besatzung an Bord dieses Schiffchens zu sehen :-)
AW: Die vergessene Architectura Navalis
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Zitat von
Cetric
Ich glaube man nennt diesen Geschütztyp ein Falconett, richtig? Die waren auf einer Drehbasse auf der Reling montiert und daher schwenkbar.
Da müsste ich jetzt direkt mal in Mondfelds "Schiffsgeschütze Bd.1" nachsehen. Aber Namen sind bekanntlich Knall & Rauch, gerade bei Geschützen :-)
Mein Beispiel ist jedenfalls ein sogenanntes Stabringrohrgeschütz, wie sie in der Anfangszeit der Geschützherstellung üblich waren. Eiserne Stäbe wurden um einen Holzkern geschmiedet und durch eiserne Ringe zusammengehalten. Dann wurde der Kern ausgebohrt und fertig war die Waffe. Diese recht primitive Herstellungstechnik lädt geradezu dazu ein, das beidseitig offene Rohr als Hinterlader zu gestalten und dieses nur als flugbahnstabilisierende Verlängerung für einen kleinen Mörser zu benutzen, der an die hintere Öffnung angesetzt und verkeilt wurde. Der Dorn in diesem Bildbeispiel weist auf die Verwendung als Relingsgeschütz hin, sofern es sich überhaupt um eine Schiffswaffe handelt :-)
AW: Die vergessene Architectura Navalis
Zurück zu #122. Dazu erst einmal ein Wiki-Artikel, die berühmt-berüchtigte "Lisa von Lübeck" betreffend :-(
http://de.wikipedia.org/wiki/Lisa_von_L%C3%BCbeck
Lisa von Lübeck
"Die Lisa von Lübeck ist die Rekonstruktion eines Kraweels aus dem 15. Jahrhundert. Ihr Heimathafen ist der Museumshafen Lübeck.
Die Kiellegung war am 31. Juli 1999. 350 Mitarbeiter waren an der Rekonstruktion beteiligt, überwiegend ungelernte ABM-Kräfte. Die Initiatorin des Projektes, Lisa Dräger aus Lübeck, sagte in einem Zeitungsinterview, die Idee sei ihr schon 1936 gekommen, als die „Lübecker Kogge“, ein Nachbau einer Kogge, das Olympische Feuer von Lübeck zu den Segelwettbewerben der Olympischen Spiele nach Kiel gefahren hatte. 1991 wurde die Rekonstruktion der Kogge Ubena von Bremen in Lübeck ausgestellt, und Lisa Dräger nahm das Projekt in Angriff. Weil noch nie eine vollständige Kraweel ausgegraben wurde, musste der Bauplan in Teilstücken erstellt werden. Das Schiff wurde eine authentische Rekonstruktion, die allerdings einen zusätzlichen Dieselmotor zur Fahrt ohne Segelleistung besitzt."
http://upload.wikimedia.org/wikipedi...cker_Kogge.jpg http://farm5.staticflickr.com/4123/4...86f19f3c_m.jpg
Bereits in den 30er Jahren wurde ein Versuch unternommen, einen Holk des späten 15. Jhdts zu rekonstruieren. Die Bezeichnung als "Kogge" war allerdings damals schon widerlegt. Sie hatte sich jedoch so festgesetzt, daß alte Schiffe dieser Art grundsätzlich unter dem Sammelbegriff "Kogge" fuhren :-(
Die Lübecker wollten diese inzwischen abgewrackte Replik nun also wiedererstehen lassen. Noch mittelalterlicher und noch authentischer natürlich und zwar in Anlehnung an die in Lelystad ("Batavia") geprägte "experimentelle Archäologie", die nichts anderes forderte, als einen gewissen handwerklichen Pragmatismus, gepaart mit der Berücksichtigung aller verfügbaren Quellen.
Das Quellenstudium ersparte man sich allerdings und verwechselte ganz nebenbei noch konsequent das 15. mit dem 16. Jahrhundert. Und um das planerische Chaos komplett zu machen, setzte man ein überkragendes Holkkastell auf ein vollkommen anachronistisches Spiegelheck, eine iberische Heckform, die in Nordeuropa erst im frühen 16. Jhdt. auftauchte. So entstand ein höchst skurriles Gefährt, das die drei Millionen DM Baukosten, zum großen Teil aus öffentlichen Mitteln, nicht annähernd wert ist und am besten vom Blitz getroffen werden sollte, um den Lübecker Ruf als ehemalige Königin der Hanse und Schiffbaumetropole nicht vollends zu ruinieren >&.(