Abgesehen von den gut recherchierten Teilen über die Bedrohung durch die Islamisten (die ihre Version des sunnitischen Islam als Ideologie zangsweise auch gegenüber anderen Richtungen des Islams verbreiten wollen) enthält der Aufsatz teilweise nichts als zusammengewürfelte Behauptungen und Unterstellungen die vom Autor nicht belegt werden (aus gutem Grund, sie sind oftmals einfach falsch). Speziell der Abschnitt über die Türkei und die Türken strotzt oftmals von geradezu erheiterndem Umwissen des Autors über das zu beschriebende Subjekt (abgesehen von den ausführlichen Militärgeschichtilichen Abhandlungen)... :ja:
Dazu noch Peter Scholl Latour zu ziteren ist geradezu absurd, denn der Gute mag zwar ein wirklich profunder Kenner der arabischen Welt sein, nur von der Türkei (die er erst im Jahr 1999 einmal bereist hat) hat er leider überhaupt keine Ahnung.
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Ganz anders jedoch sieht es in den es heute in den anatolischen Bezirksstädten aus oder in den wuchernden „Varos“- Vierteln der Metropolen, wo sich in den Jahrzehnten der Landflucht Millionen Zuwanderer niedergelassen haben. Kaum eine EU- Parlamentarier- Delegation hat sich je nach Yozgat, Konya oder Ümraniye verirrt, einen der größten Vorstadtdistrikte von Istanbul. Sie wären erstaunt: Hier tragen so gut wie alle Frauen das Kopftuch, und der Ruf des Muezzin dringt fünfmal täglich bis in die letzte Gasse vor.
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Ich kann frisch aus Ümraniye berichten dass der Anteil der Kopftücher dort weit unter dem in einer normalen deutschen Grosstadt liegt. Die Moscheen die in den 80er Jahren überall gebaut wurden und deren plärrender Gebetsruf einfach extrem nervig ist bleiben selbst Freitags grossteils leer...
Die Bevölkerung dort versucht vor allem für sich selbst ein wirtschaftlich besseres Leben zu erarbeiten und der Armut und Rückständigkeit zu entfliehen. Vorbild dafür ist vor allem der "europäische" Lebensstil der Istanbuler Mittel- und Oberschicht und keinesfalls irgendeine "islamische" Heilsversprechung. Was "chiq" und "in" ist kommt dabei vor allem aus Spanien und Italien. Wer morgens in einem solchen Virtel in einen Bus steigt wird erstaunt sein das nicht etwa fromm gekleidete Hausfrauen zusteigen sondern vor allem Menschen im Büro-Outfit die zu ihren Arbeitsstellen ins Zentrum Istanbuls fahren. Kopftücher sind da höchst selten zu sehen...
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Mein Hauptgrund, warum ich gegen den Türkei- Beitritt bin ist der, dass die große Mehrheit der Türken, und da vor allem der Männer, eine ganz andere Mentalität haben. Selbst die temperamentvollen Spanier, Italiener oder Griechen, die sich voneinander in ihren Empfindlichkeiten untereinander und gegenüber den etwas „kühleren“ Nordeuropäer ebenfalls unterscheiden mögen, sind doch eindeutig europäisch.
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Ich habe genügend spanische und griechische Freunde (jeweils direkt aus Spanien und Griechenland) die einhellig der Meinung sind, ihre Kultur sei der der Türkei deutlich näher als der Kultur Deutschlands.
Auch im Folgenden werden vor allem absurde Einzelfälle und Anektoten zusammengetragen um die Kultur bzw. das Wesen der Türken beschreiben zu wollen.
Dabei wird völlig ignoriert das z.B. die unter der Überschrift "Traditionen aus dem Mittelalter" zusamengefassten Missstände in der Türkei dort enbenfalls von einem grossen Teil der Bevölkerung als "Traditionen aus dem Mittelalter" angesehen werden und sich zum grössten Teil im Osten und Südosten der Türkei abspielen der keinesfalls repräsentativ für das ganze Land ist.
Kein vernünftiger Mensch würde auf die Idee kommen das die Türkei im Moment gesellschaftlich oder wirtschaftlich reif für die EU wäre, aber der Autos verneint jeglichen gesellschaftlichen Wandel und jeglichen wirtschaftlichen Aufschwung. So wird geflissentlich verschwiegen dass die Wachstumsrate der ang. "rasant wachsende(n) Bevölkerung" in Wirlichkeit seit über zehn Jahren kontinuerlich abnimmt und das die Bevölkerung der Türkei ca. ab dem Jahr 2030 anfangen wird zu schrumpfen.
Das hier ist besonders nett...
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Ein Deutscher aus Aachen hat mit einem Amerikaner aus New York meist mehr gemein, als mit einem Türken aus Ankara, obwohl die geographische Trennung zum Amerikaner sicherlich viel größer ist. Umgekehrt verhält es sich ebenso: Ein Türke kann sich mit einem Araber aus Kairo oder einem Turkmenen aus Aschchabad vielleicht sprachlich nicht unbedingt problemlos verständigen. Von der Mentalität und den kulturellen Sitten fühlen sie sich aber sicherlich einander näher zugehörig, als beispielsweise einem Italiener aus Florenz oder einem Polen aus Krakau. Bei den säkularisierten und emanzipierten Türken, vor allem aber der Frauen mag dies aber nicht unbedingt zutreffen. Nur sind sie nicht die repräsentative Mehrheit, und werden mit zunehmender Bevölkerung auch immer mehr zur Minderheit im eigenen Land.
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Besser gehts ja gar nicht mehr. Noch viel mehr inhaltliche Fehler lassen sich in einem so kurzen Textabschnitt kaum unterbringen. :ja:
Ein Türke kann sich mit einem Araber gar nicht verständigen, mit einem Türkmenen jedoch problemlos. Ein Türke würde es als äusserst grosse Beleidigung ansehen mit einem Araber kulturell verglichen zu werden und würde einen Turkmenen zwar kulturell verstehen, ihn jedoch als etwas seltsam und rückständig ansehen. Bei einem (Süd-)Italiener gäbe es deutlich mehr Übereinstimmung in Kultur und Mentalität mit einem Türken als mit einem Polen, was natürlich bei Fragen der Religion genau umgekehrt wäre.
Besonders dreist ist die Behauptung, die "säkularisierten und emanzipierten" Türken seien eine immer geringer werdende Minderheit im eigenen Land.
sparty2