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Vollständige Version anzeigen : ein wahrhaft propethischer weitblick...



pavement
29.10.2003, 00:23
leo trotzki schreib bereits in seiner 1903 erschienen schrift "unsere politischen aufgaben" in einer gegenposition zu lenin:


Diese Methoden führen in der Parteipolitik … dazu, daß die Parteiorgansation an die Stelle der Partei tritt, dann das ZK die Parteiorganisation ersetzt und zuletzt ein Diktator das Zentralkomitee…

genau das traf dann im stalinismus ein.

stellt sich nur die frage, warum sich trotzki letzendlich dann doch den bolschewiki angeschlossen hat, obwohl er vorher einer ihrer prominentesten gegner war.

Klaus E. Daniel
29.10.2003, 08:15
pavement.

Macht ist süß.
(allerdings manchmal auch tödlich) ...

Gruß

KED

Delbrück
29.10.2003, 22:40
Vielleicht um genau das zu verhindern, was er der Partei prophezeite. Und um die Macht, die Verhältnisse zu verändern und eigenen Ideen zu realisieren, zu erlangen, erwies sich der Weg der Bolschewiken über die Revolution als erfolgsversprechender, als der Weg der Menschewiki über Reformen.

Amida Temudschin
29.10.2003, 22:45
Da kann ich Delbrück nur in jedem Punkt zustimmen.

@KED: Ich halte nicht besonders viele Persönlichkeiten der Geschichte für integer und Trotzki gehört dazu.

pavement
29.10.2003, 22:49
und was ist mit seiner rolle bei der niederschlagung des kronstädter aufstands?

oder bei der reorganisation der roten armme?

Delbrück
29.10.2003, 23:04
Revolution halt - da darf man nicht so zimperlich sein. Solange alles dem Erreichen des Endziels dient, muss man solch "Kollateralschäden" in Kauf nehmen!

Kurzum: Trotzki entwickelte sich zum Politiker

pavement
29.10.2003, 23:10
Revolution halt - da darf man nicht so zimperlich sein. Solange alles dem Erreichen des Endziels dient, muss man solch "Kollateralschäden" in Kauf nehmen!

nun ja. da kann man denken wie man will.

ruffmann schrieb nicht zu unrecht über den krönstädter aufstand und dessen niederschlagung: "die diktatur des proletariats wurde zur dikatatur über das proletariat"

Delbrück
29.10.2003, 23:12
In meiner Aussage klang eine gehörige Portion Sarkasmus mit. Ich heiße dieses Vorgehen sicher nicht für angemessen geschweige denn gut!

pavement
29.10.2003, 23:16
dachte ich mir fast.

Amida Temudschin
30.10.2003, 13:03
Man muß eine Person und ihr Handeln immer im Vegleich zum System, in dem sie wirkt, sehen. Als Beispiel Canaris: Im dritten Reich gehörte er sicherlich zu den "Guten", in einer Demokratie in einer ähnlichen Position jedoch nicht.

Delbrück
30.10.2003, 14:19
Das ist ein grundlegendes Problem der Geschichtsschreibung:
Über Handlungen und Personen immer vor dem Hintergrund der damaligen Verhältnisse zu urteilen und der heutigen Welt Verständnis für diese zu vermitteln.

Klaus E. Daniel
30.10.2003, 16:34
Delbrück,

es geht auch nicht anders. Historische Persönliche Persönlichkeiten und Staaten müssen einfach in ihren Handlungen vor dem Hintergrund ihrer Zeit gesehen werden.

Mit unseren heutigen Begriffen haben sie nichts zu tun. Oder wie gehen Sie damit um?

KED

Delbrück
30.10.2003, 17:04
Ich denke, hier liegt ein Missverständnis vor.

Ich versuchte damit auszudrücken, dass genau dies

Über Handlungen und Personen immer vor dem Hintergrund der damaligen Verhältnisse zu urteilen und der heutigen Welt Verständnis für diese zu vermitteln.
die eigentliche Aufgabe der Geschichtsschreibung ist. Nunmal treten bei der Vermittlung der damaligen Geschehnisse jedoch Probleme auf, wenn sich Nichthistoriker weigern, den geschichtlichen Kontext, in dem die Handlungen stehen, zu berücksichtigen. So zu sehen in den Pressestimmen zum Namibiabesuchs unseres Außenministers. Aber das ist ein anderes Thema...

pavement
30.10.2003, 18:57
nun, verständnis vermitteln für die historischen personen - das muss und soll eigentlich nicht objektive geschichtsschreibung ausmachen.

hab übrigens heute noch mal einen propethischen ausspruch über die sowjetunion gefunden, diesmal nicht von trotzki, sondern von karl-heinz ruffmann, einen experten für osteuropäische geschichte(war u.a. prof. am osteuropäischen institut in erlangen). werd den später mal posten, wenn ich meine notizen durchgesehen hab.

Delbrück
30.10.2003, 19:02
Verständnis ist die Substantivierung des Verbs "verstehen". Was ist dagegen einzuwenden, die Handlungen historischer Personen zu verstehen?

pavement
30.10.2003, 19:08
Über Handlungen und Personen immer vor dem Hintergrund der damaligen Verhältnisse zu urteilen und der heutigen Welt Verständnis für diese zu vermitteln.

das hier hört sich aber anders an.

setz mal statt personen einfach mal hmm....stalin ein.

"...und der heutigen welt verständnis für stalin zu vermitteln"

merkst du was?

Delbrück
30.10.2003, 19:28
Ja, klingt arg psychologisch! :))

Stalin auf der Couch: "Herr Doktor, niemand versteht mich!"

pavement
30.10.2003, 19:40
lol...*g*

aber ich glaub du hast verstanden worauf ich hinauswollte.

pavement
30.10.2003, 22:18
Der moderne Sowjetkommunismus steht und fällt mit der Aufrechterhaltung des Machtmonopols der Leninschen Partei neuen Typs in Ideologie und Aktion

aus: Ruffmann, Karl-Heinz: Sowjetrussland 1917-1977

Amida Temudschin
31.10.2003, 01:56
Stalin ist wirklich ein gutes Beispiel. Meiner Meinung nach fehlt es bei ihm an einer umfassenden Analyse, wieso er genau so handelte. Ich glaube einfach nicht daran, daß ein Mensch von Grund auf böse ist. Man darf nur Verstehen nicht mit Verständnis verwechseln, wobei Verständnis manchmal im Sinne von Verstehen und nicht von Sympathie gemeint ist, was das Ganze noch schwieriger macht. Ein todsicherer Weg, sich unbeliebt zu machen, ist etwas zu sagen wie:
"Ich verstehe Pädophile".

pavement
31.10.2003, 02:04
Meiner Meinung nach fehlt es bei ihm an einer umfassenden Analyse, wieso er genau so handelte.

das wird schlicht nicht möglich sein - man kann nur verschiedene ansätze ausprobieren.

Klaus E. Daniel
31.10.2003, 09:24
pavement,

Stalin ist fast Gegenwart, also kann man mit unseren moralischen Kathegorien rangehen.

Kaiser Karl V, Caesar, Alexander der Große - dafür passen sie eben nicht.

Beim Aufwärmen

Klaus E. Daniel

pavement
31.10.2003, 10:43
napoleon...

Amida Temudschin
06.11.2003, 23:26
das wird schlicht nicht möglich sein - man kann nur verschiedene ansätze ausprobieren. Genau das meine ich mit umfassender Analyse, nicht einfach nur: "Stalin war böse und machtgierig"

pavement
06.11.2003, 23:27
Genau das meine ich mit umfassender Analyse, nicht einfach nur: "Stalin war böse und machtgierig"

das wäre auf nebukadnezar-niveau:

these. punkt aus.

Nebukadnezar
06.11.2003, 23:31
"Stalin war böse und machtgierig"

Endlich mal ein klares UND richtiges Bekenntnis! :top:

pavement
06.11.2003, 23:31
was hab ich gesagt...

Biskra
10.04.2006, 03:56
und was ist mit seiner rolle bei der niederschlagung des kronstädter aufstands?

oder bei der reorganisation der roten armme?

Allerdings, damit hatte er sich ein paar Eispickel verdient.